Feier für den Nachwuchs
„Das war wahrscheinlich das letzte Examen Ihres Lebens“, sagt Professor Michael Gotthardt in seiner Rede auf der PhD-Abschluss-Zeremonie im November. Etwa 50 Doktorandinnen und Doktoranden haben im Jahr 2019 am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) ihre Promotion bestanden. „Ein guter Grund zu feiern“, findet Gotthardt, der die MDC-Feier moderiert. „Ein wichtiges Kapitel Ihres Lebens ist nun abgeschlossen.“ Zum ersten Mal fand die Graduationsfeier für Nachwuchsforscher*innen im neuen MDC-Gebäude in Berlin-Mitte, dem Berliner Institut für Medizinischen Systembiologie (BIMSB), statt.
Viele der frisch Promovierten haben Berlin bereits hinter sich gelassen und arbeiten an Forschungsinstituten auf der ganzen Welt. Auch Dr. Verena Haage, die in der Arbeitsgruppe von Professor Helmut Kettenmann an Mikrogliazellen forschte, zieht es in die Ferne. Nächstes Jahr werde sie an der Columbia University arbeiten, berichtet sie nach der Feier. Andere, wie Dr. Petar Glazar, bleiben dem MDC noch eine Weile erhalten: „Ich werde noch ein Jahr in der Arbeitsgruppe von Nikolaus Rajewsky Folgefragen nachgehen, die sich aus den Ergebnissen für meine Doktorarbeit ergeben haben“, sagt Glazar, der zum Thema „Zirkuläre RNA“ promoviert hat.
Vier PhD-Preis-Gewinner*innen
Wie jedes Jahr wurden die besten Paper der Promovierenden mit dem "PhD Publication Prize" geehrt, der vom MDC Freundeskreis gesponsert wird. Gewinnerin Karlien Yvonne Debus darf sich über 1000 Euro Preisgeld freuen. Die Doktorandin aus der Arbeitsgruppe von Professor Gary Lewin stellt die Ergebnisse ihrer Forschung auf der Zeremonie vor: Sie erforscht, warum Highveld-Mulle, eine afrikanische Nagetierart, bei einigen Insektengiften keine Schmerzen verspüren. Dabei fand sie heraus, dass ein bestimmtes Gen bei den Nagern hochaktiv ist. Dies löse die Schmerzunempfindlichkeit gegen bestimmte Substanzen aus, erklärt sie. Im Laufe der Evolution hat dies den Mullen einen Vorteil gegenüber anderen Nagetieren verschafft: In unterirdischen Höhlen teilen sie sich ihren Lebensraum mit Ameisen, deren Gift ihnen nichts ausmacht. Die Ergebnisse veröffentlichte Debus 2019 als eine von zwei Erstautor*innen in der Fachzeitschrift Science.
Die Doktorand*innen Jonathan Alles, Eleni Kabrani und Daniel Wenz wurden mit dem zweiten Platz und jeweils 250 Euro Preisgeld ausgezeichnet: In der Arbeitsgruppe von Professor Nikolaus Rajewsky war Alles an der Entwicklung der FLAM-seq beteiligt. Diese Methode kann komplette Boten-RNA-Moleküle zusammen mit ihren Poly(A)-Endstücken sequenzieren. Dies war zuvor nur eingeschränkt und unter Verwendung komplizierter Algorithmen möglich. Boten-RNA (mRNA) übersetzen Anweisungen aus der DNA in Proteine. Die Länge ihrer Endstücke spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Genen. Als einer der Erstautor*innen publizierte Alles die Methode 2019 in der Fachzeitschrift Nature Methods.
Die ebenfalls Zweitplatzierte Eleni Kabrani untersuchte in der Arbeitsgruppe von Professor Klaus Rajewsky die Rolle eines bestimmten Transkriptionsfaktors beim Burkitt-Lymphom, einer Tumorerkrankung, die aus einem bestimmten Immunzelltyp hervorgeht. Viele dieser Tumorzellen haben Mutationen, die bewirken, dass sich der Transkriptionsfaktor innerhalb der Zelle nicht mehr an gewohnter Stelle befindet. Normalerweise reguliert er Signalwege, die entartete Zellen vernichten oder DNA reparieren. Kabrani zeigte, dass bei dieser Tumorerkrankung der Transkriptionsfaktor das genaue Gegenteil bewirkt: Er hilft dem Tumor zu wachsen und zu überleben. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „blood“ veröffentlicht.
Auch die Publikation von Daniel Wenz im Journal „Magnetic Resonance in Medicine“ wurde ausgezeichnet: Erstmals haben Forschende die Verteilung von Kalium im menschlichen Herzen abgebildet, ohne einen medizinischen Eingriff vorzunehmen. Möglich war dies mit Ultrahochfeld-Magnetresonanztomographie (UHF-MR). MR-Techniken setzen Magnetfelder und Radiowellen ein, um Schicht für Schicht Organe abzubilden. Wichtige Bestandteile der MR-Scanner sind Antennen und Detektoren zum Senden und Empfangen der Radiowellen, vergleichbar mit der Funktionsweise eines Radios oder Mobiltelefons. Daniel Wenz aus der Arbeitsgruppe von Professor Thoralf Niendorf entwarf für den 7-Tesla MR Scanner am MDC ein Antennensystem, das es Forschenden weltweit erstmalig erlaubt, sehr schwache Kaliumsignale zu messen und deren räumliche Verteilung im Herzen in Bildern darzustellen. Dieser Ansatz ermöglicht es, Veränderungen der Kaliumkonzentration und deren Auswirkungen auf die Herzfunktion zu untersuchen.
„Best Scientific Image“
Seit 2007 wird der „Best Scientific Image Award“ vergeben. Etwa 20 Einsendungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Campus Buch erhielt das Komitee dieses Jahr. Bei der Langen Nacht der Wissenschaften im Juni 2019 stimmten die Besucher*innen über das beste Bild ab. Die Gewinnerinnen und Gewinner verkündete Kettenmann auf der PhD-Zeremonie. Platz 1 belegte Fabian Lukas vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP). Sein Bild zeigt Zellen des Bindegewebes, die mit Wachstumsfaktoren stimuliert wurden. Mehrere MDC-Wissenschaftler*innen belegten den zweiten Platz: Dr. Hanna Napieczynska aus der Arbeitsgruppe von Dr. Arnd Heuser nahm mit einem Bild teil, das mit Hilfe von Computertomographie die Gefäße einer Mausniere zeigt. Charlene Memler, Dr. Florian Rau, Dr. Svenja Steinfelder und Dr. Clarissa Whitmire aus der Arbeitsgruppe von Dr. James Poulet belegten ebenfalls den zweiten Platz mit einem Bild, auf dem die Sinnesrezeptoren einer Mauspfote zu sehen sind. Ein Herz-Gehirn-Organoid, fotografiert von Dr. Sebastian Diecke vom Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIH) wurde als drittbestes Bild ausgewählt. Der MDC-Freundeskreis und NIKON stifteten die Preise für alle Gewinnerinnen und Gewinner.