Brücke

„Ich will Brücken bauen“

Ingo Kahl ist seit mehr als zehn Jahren Vorsitzender des Personalrats am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC). Für die Serie „Wir am MDC“ verrät er, was die Arbeit in diesem Gremium für ihn einzigartig macht.

Über unsere Serie „Wir am MDC"

 

Das MDC hat den Anspruch, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten – durch eine hervorragende Infrastruktur, durch den Austausch mit führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, aber auch als ein Ort, der von Toleranz, Respekt und einem guten Miteinander geprägt ist. Unsere Serie stellt Menschen vor, die in diesem Bereich engagiert sind. Sie begleitet außerdem einen internen Prozess, der eine positive Unternehmenskultur sicherstellen soll. Und sie gibt Tipps für ein achtsames Miteinander.

Mehr zur Serie „Wir am MDC“.

Herr Kahl, Sie sind 2004 als Leiter der Abteilung Haustechnik und allgemeine Dienste, heute Zentrale Dienste, ans MDC gekommen. Was hat Sie 2008 bewogen, für den Personalrat zu kandidieren? 

Ich fühlte mich wohl am MDC und mochte meine Arbeit, wollte mich aber auch auf andere Weise einbringen. Die Arbeit des Personalrats interessierte mich. Deswegen habe ich für die Personalratswahl im Herbst 2008 kandidiert. Eigentlich wollte ich mitmachen, um andere Erfahrungen zu sammeln, aber nicht gleich Vorsitzender sein und freigestellt werden. In der konstituierenden Sitzung wurde ich dann aber gewählt. Kurze Zeit später, als ein Stellvertreter für mich gefunden war, war ich dann mit einer vollständigen Freistellung für den Personalrat tätig. 

Warum engagieren Sie sich als Personalrat? 

Mir ist es wichtig, für die Beschäftigten da zu sein, sie zu beraten, Dinge mitzubestimmen, die übergreifend relevant sind. Das sind zum Beispiel Dienstvereinbarungen, die alle Beschäftigten betreffen. Wir als Personalrat – unser Gremium besteht aktuell aus 13 Personen – vertreten die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Da gibt es natürlich Differenzen mit dem Arbeitgeber. Mir war es von Beginn an wichtig, Brücken zu bauen und sich möglichst in der Mitte zu treffen, also Lösungen zu finden, die von allen Beteiligten akzeptiert werden können.  

Mit welchen Anliegen kommen MDC-Mitarbeitende zu Ihnen? 

Das ist ganz unterschiedlich. Viele haben Fragen zum Tarifvertrag, zu Kündigungsfristen, zur Altersteilzeit oder dazu, wie man eine höhere Eingruppierung erreichen kann. Rechtliche Beratung dürfen wir nicht geben. Da raten wir dann, sich einen Anwalt zu nehmen. Wichtige Themen sind außerdem Konflikte mit Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzten. In jedem Fall kann es hilfreich, sich an den Personalrat zu wenden. 

Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit besonders? 

Einblicke zu bekommen, in vieles einbezogen werden zu müssen, generell das MDC von einer Seite zu kennen, die Mitarbeitende normalerweise nicht sehen. Man kann etwas bewegen … wobei ein vom Vorstand ins Rollen gebrachter Zug sich nicht stoppen lässt. Aber wir haben das Ohr an den Schienen und hören den Zug kommen. Dann können wir vielleicht noch eine Weiche stellen und die Richtung etwas ändern. Es gibt allerdings auch vieles, worauf wir keinen Einfluss haben, etwa bei Umstrukturierungen. Da ist zum Beispiel das Direktionsrecht, das es dem Arbeitgeber ermöglicht, Beschäftigte auch gegen ihren Willen zu versetzen. 

Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Hat sich etwas geändert seit Ihrem Einstieg? 

Ich habe den Eindruck, dass Stress und Konflikte zunehmen. Die psychische Belastung durch den Job wird größer, auch wegen der allgegenwärtigen Entgrenzung zwischen Beruf und Freizeit. Da gibt es zum Beispiel den Kollegen, der eine unfreundliche Mail des Chefs am Wochenende liest, das daraufhin natürlich verdorben ist. Vieles ist in den letzten Jahren auch formaler geworden und starrer geregelt als es in den Anfangsjahren der Fall war. 

Muss sich die Führungskultur verbessern? 

Sicher. Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist das Thema Wertschätzung. Im Umgang mit den Mitarbeitenden fehlt oft die Anerkennung. Das können lobende Worte sein, wenn der Chef oder die Chefin auch mal sagt: „Du machst einen guten Job“. Aber es gibt viele Wege, Wertschätzung zu zeigen. Außerdem würde ich mir wünschen, dass soziale Kompetenz und Führungsvermögen wichtige Auswahlkriterien bei der Rekrutierung von Führungskräften wären. Arbeitsgruppenleiterinnen und Arbeitsgruppenleiter am MDC sind vor allem exzellent in der Forschung – aber um eine Gruppe wirklich gut zu führen, brauchen sie auch andere Qualitäten. 

Gäbe es keinen Personalrat – wäre das MDC dann ein anderer Laden? 

Nicht komplett. Aber einige Sachen würden schon anders laufen, wenn der Personalrat nicht nachfragen und Klärungen verlangen würde oder manchmal wiederholt auf Probleme hinweisen würde. Es gibt gesetzlich geregelt Angelegenheiten, bei denen der Personalrat gefragt werden oder mit uns gesprochen werden muss. Da sind zum Beispiel Eingruppierungen, bei denen der Personalrat hinterfragt, warum welche Tätigkeiten wie bewertet werden. Dabei achtet der Personalrat darauf, dass die Eingruppierung korrekt erfolgt und die Beschäftigten gleich behandelt werden. Außerdem ist der Personalrat aktuell an der Task Force für den Umgang mit Belästigungen und Konflikten wie Mobbing oder Bossing beteiligt. Ich finde gut, dass es diese Task Force gibt. Denn damit werden Themen diskutiert, die viele bewegen, über die aber nicht so offen gesprochen wird. Es wird sicher Maßnahmen, Leitlinien, Schulungen und Veranstaltungen geben, die die Kultur am MDC verändern. Und der Personalrat als Gremium und ich als Person bringen uns dabei mit ein. 

Die Fragen stellte Wiebke Peters.