„Wir wollen als Vorbild gelten“
Das Helmholtz Kompetenznetzwerk Klimagerecht Bauen ist im Herbst 2023 gestartet. Wie wurde bisher bei Helmholtz gebaut, umgebaut, ausgebaut? Was verändert sich durch die neue Initiative?
Die Helmholtz-Gemeinschaft hatte auch bisher sehr qualifizierte Bauabteilungen, die auf hohem Niveau innerhalb der öffentlichen Bauherrenschaft unterwegs sind. Aber die Herausforderungen steigen. So müssen wir uns in vergleichsweise kurzer Zeit auf den Klimawandel einstellen. Der andere Punkt ist: Die Helmholtz-Zentren sind eigene Körperschaften und agieren zunächst einmal selbstständig. Sie werden zwar immer von der Bauverwaltung begleitet, trotzdem ist das Qualitätsniveau durchaus unterschiedlich. Ein Grundgedanke für unser Netzwerk ist, dass wir eine Kompetenz, die irgendwo bei einem Helmholtz-Zentrum liegt, auch den anderen verfügbar machen wollen. Alle sollen von den Erfahrungen profitieren und sich durch den Austausch weiterentwickeln.
- Helmholtz Klimagerecht Bauen
Das Kompetenznetzwerk „Helmholtz Klimagerecht Bauen“ hat die Aufgabe, zum einen die in der Helmholtz-Gemeinschaft vorhandene hohe administrative Fachkompetenz im Bau- und Sanierungsbereich zu bündeln und kontinuierlich weiterzuentwickeln und zum anderen einzelne Zentren konzeptionell zu beraten und operativ zu begleiten. Ralf Streckwall und Dr. Michael Hinz haben gemeinsam mit Olaf Rabe, vormals am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, Fördermittel in Höhe von 2,5 Millionen Euro eingeworben und 2023 mit dem Aufbau des Kompetenznetzwerks am Max Delbrück Center begonnen. Der ehemalige Leiter der Abteilung Forschungsbau der Fraunhofer-Gesellschaft, Christian Langfeld, hat die Teamleitung übernommen.
Inwieweit begleiten Sie eine Baumaßnahme? Sprechen Sie nur am Anfang Empfehlungen aus?
Ich schätze, dass bei Helmholtz zurzeit mehr als 200 große Baumaßnahmen – mit einem Auftragsvolumen von jeweils über einer Million Euro – parallel laufen. Die kann unser kleines Team nicht alle begleiten und unterstützen. Das ist auch nicht die Idee. Wenn jemand um konkrete Unterstützung bittet, schauen wir, ob es jemanden bei Helmholtz gibt, der eine ähnliche Bauaufgabe bewältigt hat und konkret unterstützen kann. Wir kommunizieren unsere Angebote auch über eine Internetpräsenz, stellen Informationsmaterial bereit mit dem Angebot, uns direkt zu kontaktieren. Jeder soll erfahren: Was muss ich zum Beginn eines Projekts machen, damit ich die Nachhaltigkeitsaspekte gut integriere? Aber die Basisidee ist, dass die Zentren selbst zusätzliche Kompetenz gewinnen, um dann ihre Maßnahmen durchzuführen, ohne dass wir das kontinuierlich begleiten. Wir unterstützen punktuell, bieten auch Fortbildungen an zu Themen, von denen wir glauben, dass sie wichtig und interessant sind.
Sie sprechen von einem „kleinen Team“. Wie viele Personen umfasst es?
Wir sind fünf fest angestellte Mitarbeitende, befristet bis Ende 2025, und hoffen, dass es danach weitergehen wird. Zusätzlich gibt es noch zwei Assoziierte.
Über allem steht die Helmholtz-Selbstverpflichtung „Klimaneutralität in Arbeitsweisen und Forschungsprozessen bis 2035“…
Das Thema Bauen und Gebäude ist dafür ein wichtiger Hebel. 38 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen werden durch Gebäude verursacht. Inklusive der Errichtungsprozesse in der Industrie und im Transportwesen steigt der Anteil auf etwa 50 Prozent. 47 Prozent des weltweiten Materialverbrauchs sind Mineralstoffe im Hoch- und Tiefbau. 54 Prozent des bundesweiten Abfallaufkommens entstehen bei der Errichtung und dem Abbruch von Gebäuden und baulichen Infrastrukturen. Gerade die Helmholtz-Zentren haben hoch komplexe, spezialisierte Forschungsanlagen, die einen hohen Energiebedarf haben. Wir tragen da eine hohe Verantwortung für die Eindämmung des Klimawandels und dementsprechend wollen wir einen Beitrag leisten.
Wahrscheinlich muss man abwägen zwischen dem, was die Forschung unabdingbar benötigt und dem, wo man sagen muss: Ja, das könnt ihr auch weiterhin so machen, aber in einem anderen Rahmen, der weniger Energie schluckt?
Genau. Wir wollen nicht die wissenschaftliche Forschung in irgendeiner Form infrage stellen. Sondern wir fragen: Wie kann man die Bilanz optimieren und welche Möglichkeiten gibt es, beispielsweise Abwärme als Energieüberschuss an anderer Stelle einzusetzen? Ein weiteres Beispiel: Vielleicht kann man bei größeren Tiefbaumaßnahmen die Gelegenheit nutzen und Sonden für Geothermie mitverlegen. Wir beraten auch zu Energiemanagementsystemen: Welche Daten solltet ihr erfassen, welche Möglichkeiten gibt es, damit ihr dort effizient unterwegs seid? Denn diese Daten werden teilweise unzureichend ermittelt oder nicht so, wie es sinnvoll wäre. Ich muss eine Anlage nicht 24/7 auf voller Betriebsleistung fahren. Wenn ich die genauen Zeiten kenne, in denen Anlagen und Labore tatsächlich genutzt werden, kann ich die Energie entsprechend bereitstellen.
Was ist das Helmholtz-Spezifische an dieser Herangehensweise ans klimagerechte Bauen?
Wir haben den Anspruch, als Vorbild der öffentlichen Hand und des Forschungssektors zu gelten und besonders fortschrittliche Technologien möglichst frühzeitig anzuwenden. Im Idealfall auch welche, die bei Helmholtz an einer Stelle entwickelt oder mitentwickelt wurden, um auch ein Schaufenster für besonders zukunftsträchtige Technologien zu bieten. Es geht nicht ausschließlich ums Sparen. Wir möchten Lösungen probieren, die auch an anderer Stelle interessant sein könnten. Unser Vorteil bei Helmholtz ist, dass wird das gesamte System in einer Hand haben: Wir sind die, die die Gebäude nutzen und betreiben, wir sind die, die sie bauen. Wir können das gesamte System betrachten und steuern – das ist eine riesige Chance, die wenige andere haben.
Interview: Thomas Röbke
Der Text erschien zuerst auf der Webseite der Helmholtz-Gemeinschaft.