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Neue Gene für das Risiko von allergischen Erkrankungen entdeckt

Die weltweit größte Allergie-Studie zeigt, dass das Risiko für Neurodermitis, Heuschnupfen, und Asthma meist gemeinsam vererbt wird. Die Ergebnisse eines Konsortiums mit Forschungsgruppen vom MDC und der Charité erschienen nun in „Nature Genetics“.

Was hat ein allergischer Hautausschlag mit Asthma und Heuschnupfen zu tun? Allergische Erkrankungen treten oft gleichzeitig oder hintereinander auf. Gibt es Gene, die das Risiko für alle Allergien erhöhen, oder bedingt eine allergische Erkrankung die andere?

Bislang befassen sich genetische Studien mit den einzelnen allergischen Erkrankungen. Für die sogenannte SHARE-Studie, die weltweit größte Allergie-Studie, wurde jetzt ein neuer Ansatz gewählt. Die „Nature Genetics“ veröffentlichte Studie, an der eine Berliner Arbeitsgruppe maßgeblich beteiligt war, hat die drei häufigsten allergischen Erkrankungen, Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma, gemeinsam ins Visier genommen. Dadurch konnte nachgewiesen werden, dass eine Vielzahl von Genorten das Risiko für alle drei Erkrankungen erhöht. Insgesamt wurden 136 mit Allergien assoziierte Genregionen gefunden, von denen 73 zum ersten Mal in diesem Zusammenhang beschrieben werden.

Datensätze von insgesamt 360.000 Studienteilnehmern untersucht

„Um die genetischen Risikofaktoren für allergische Erkrankungen identifizieren zu können, müssen sehr große Datensätze untersucht werden“, sagt Prof. Young-Ae Lee, Wissenschaftlerin am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin und Leiterin der ECRC-Hochschulambulanz für Pädiatrische Allergologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin. Deshalb haben sich Allergie-Forscher aus aller Welt zum sogenannten SHARE-Konsortium zusammengeschlossen, in dem die Daten aller teilnehmenden Forschergruppen gemeinsam ausgewertet wurden. Im Gegensatz zu früheren Studien wurden alle Patienten eingeschlossen, die entweder an Neurodermitis, Heuschnupfen oder Asthma oder einer Kombination dieser allergischen Erkrankungen litten. In der weltweit größten Studie zu genetischen Risiken allergischer Erkrankungen wurden die in den Genomen von 180.000 Patienten identifizierten Varianten mit denen von 180.000 Kontrollpersonen verglichen.

Verschiedene allergische Erkrankungen haben gemeinsame genetische Ursachen

Insgesamt wurden 136 Genregionen identifiziert, die das Risiko erhöhen, eine oder mehrere allergische Erkrankung zu entwickeln. Diesen konnten 244 mögliche Krankheitsgene zugeordnet werden, von denen die meisten an der Regulation des Immunsystems beteiligt sind. Offenbar gibt es eine genetische Prädisposition für die Überreaktion des Immunsystems, die allen allergischen Erkrankungen gemeinsam ist. Ob es letztendlich zu einer Allergie kommt und zu welcher, hängt wahrscheinlich von weiteren genetischen Faktoren und von Umwelteinflüssen ab. Für 16 der identifizierten Gene sind Veränderungen der DNA durch Methylierungen bekannt, die durch Umweltfaktoren ausgelöst werden und zur Genregulierung beitragen.

Neue therapeutische Ansätze

„Die Ergebnisse dieser Studie liefern eine Erklärung dafür, warum bestimmte Personen besonders anfällig für Allergien sind,“ erklärt Prof. Lee. Meistens würde das Risiko für alle drei Erkrankungen Ekzem, Heuschnupfen und Asthma vererbt. Neue gezielte therapeutische Ansätze würden sich somit gegen alle drei Erkrankungen richten. Interessanterweise werden 34 der identifizierten Gene bereits als Zielmoleküle für Medikamente untersucht, im Zusammenhang mit neuen Therapien gegen Allergien, Autoimmunerkrankungen oder Krebs.

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)

 

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den MDC-Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 60 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organübergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das MDC fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am MDC arbeiten 1600 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete MDC zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.

Weitere Informationen

Manuel A Ferreira et al. (2017): Shared genetic origin of asthma, hay fever and eczema elucidates allergic disease biology. Nature Genetics. doi:10.1038/ng.3985