Dana Lafuente

Die Seele des Campus

Nach 25 Jahren verlässt Dana Lafuente das Max Delbrück Center. Als Vorstandsreferentin, auf dem Campus Berlin-Buch und im Freundeskreis hat sie viel bewegt, sich für die Belange aller Beschäftigten eingesetzt. Nun will sie etwas anderes machen: eine Pilzschule eröffnen. Max Delbrück würde das verstehen.

Dana Lafuente 1989: Damals wollte sie Berufsschullehrerin für Stenografie werden.

Jufli. So hat sie einmal ihr Management-Trainer Ruedy Baarfuss genannt. Das schweizerische Wort beschreibt jemanden, der sich nicht bremsen lässt. Dinge lieber anpackt als lange drüber redet. Ein Energiebündel, das sich manchmal schnell entzündet. „Ist doch besser als jemand, der nicht in die Gänge kommt, oder?“, fragt Dana Lafuente. Die hellen Augen unter dem raspelkurzem Haar verraten, wie gern sie lacht. Seit 25 Jahren ist sie am Max Delbrück Center tätig, 10 Jahre davon als Referentin verschiedener administrativer Vorständ*innen. Zum Ende des Jahres verlässt sie das Forschungszentrum.

Ursprünglich wollte die gebürtige Prenzlauerin Berufsschullehrerin werden, hat dafür nach dem Abitur eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Schreibtechnik absolviert. Dann begann sie ein Wirtschaftspädagogikstudium, um danach Stenotypist*innen auszubilden. „Die Stenografie hat mich fasziniert“, erzählt sie. „So schön wie arabische Schrift, dabei extrem effizient und bestechend logisch.“ Doch es war das Nachwendejahr 1990 – und die Stenografie war tot. Also studierte sie Englisch und Spanisch. Wählte zähneknirschend Betriebswirtschaftslehre dazu, weil sie mit Wirtschaft nun einmal angefangen hatte. „Und was man angefangen hat, das wirft man nicht einfach weg, das habe ich von meiner Mutter gelernt“, sagt Dana Lafuente.

Unermüdlich und inspirierend

Kreativität und Effizienz sind bis heute ihr Markenzeichen. „In all ihren Funktionen war Dana immer unermüdlich aktiv, dynamisch, initiativ und inspirierend für alle, die mit ihr zusammengearbeitet haben“, sagt Professor Detlev Ganten. Der Gründungsdirektor des Max Delbrück Center war lange Zeit ihr Wegbegleiter. Im Freundeskreis, den sie seit 2008 geleitet hat, haben sie gemeinsam viel bewegt. „Ihr Enthusiasmus und ihre optimistische Sicht auch auf schwierige Aufgaben hat alle mitgerissen. Einen Campus Buch und einen Freundeskreis kann ich mir fast nicht vorstellen ohne Dana. Sie war die Seele des Campus weit über das Max Delbrück Center hinaus. Wir werden sie vermissen.“

Nach dem Studium entschied sich Dana Lafuente bewusst gegen einen Job in der Wirtschaft. „Ich wollte irgendwo sein, wo in Menschen investiert wird, nicht in Dinge“, sagt sie. Sie bekam eine Stelle als Teamassistentin am Max Delbrück Center. „Es geht hier wirklich um Menschen“, schwärmt sie, „darum, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Wissenschaftler*innen Höchstleistungen bringen können.“ Dann noch die vielen Menschen aus aller Welt, die Möglichkeit, die Sprachen zu sprechen, die sie studiert hatte – „das war für mich das perfekte Arbeitsumfeld. Ich bin glücklich und stolz, dass ich mich hier 25 Jahre lang einbringen durfte.“

Inseldenken lohnt sich nicht

In all ihren Funktionen war Dana immer unermüdlich aktiv, dynamisch, initiativ und inspi-rierend für alle, die mit ihr zusammen-gearbeitet haben.
Detlev Ganten
Professor Detlev Ganten Gründungsdirektor

Ihr Start ins Berufsleben fiel noch in die 90-er Jahre, eine wilde Zeit in Berlin, auch am Campus Buch, wo aus der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR das Max Delbrück Center erwuchs. Sie genoss es, diesen Umbruch mitzugestalten, die Dinge effizient neu zu ordnen. Als Teamassistentin war sie bei den Treffen der Forschungsgruppen dabei, wo sie Detlev Ganten kennenlernte. „Von ihm habe ich alles gelernt“, sagt sie. „Zum Beispiel, dass alles miteinander zusammenhängt und Inseldenken keinen Sinn macht.“

Nach zehn Jahren Teamassistenz, „die wundervoll waren“, wurde sie Referentin des administrativen Vorstands. „Ich wollte mich weiterentwickeln und eine Gehaltsklasse erreichen, die meinem Studium mehr entsprach.“ Die erste Zeit bei Dr. Stefan Schwartze fiel ihr schwer: Alles drehte sich um PoF2, die programm-orientierte Förderung innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft. Dabei hatte sie sich fest vorgenommen, die Verbesserungsvorschläge ihrer früheren Teamkolleg*innen umzusetzen. Die hatten ihr eine bunte Blechdose voller Wunschzettel mitgegeben; eine Kletterwand, mehr Kinderbetreuungsangebote, ein Dach-Café, ein Beachvolleyballplatz und vieles mehr standen darauf. Doch dafür blieb ihr vorerst keine Zeit. Irgendwann jedoch war PoF 2 geschafft, und Dana Lafuente legte los. Immer hielt sie Ausschau nach „Machern“: „Strategien sind wichtig, aber es bedarf auch jener, die sie umsetzen“, sagt sie. „Ich möchte nicht nur den Rahmen gestalten. Ich möchte innerhalb dieses Rahmens operativ tätig sein. Und vor allem möchte ich Ergebnisse sehen.“

Immer ein Affe auf der Schulter

Dana Lafuente

Weil sie sich kopfüber in alles hineingestürzt hat, legte ihr ihre zweite Chefin, Cornelia Lanz, eines Tages ans Herz, doch nicht immer „mit dem Affen auf der Schulter“ aus Sitzungen herauszugehen. „Der ,Affe auf der Schulter‘ ist eine Aufgabe, ein To-do, das erledigt werden muss“, erklärt Dana Lafuente. „Ich hatte meistens nicht nur einen Affen, sondern eine ganze Horde“, sagt sie und lacht. „Aber meistens waren die Affen mir sympathisch, ich habe mich sehr gern um sie gekümmert.“ Es sei ihr immer darum gegangen, die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die Wissenschaftler*innen und den Rest der Belegschaft zu schaffen. „Es braucht ein gutes Zusammenspiel aller Bereiche“, betont sie. 

Mehr Kinderbetreuungsangebote gibt es mittlerweile, ein Café auch, wenn auch nicht auf dem Dach, und eine Kletterwand gibt es zwar nicht, dafür aber CampusVital: Zusammen mit anderen Campuseinrichtungen und mit Unterstützung der Techniker Krankenkasse wurde ein gemeinsames Betriebliches Gesundheitsmanagement aufgebaut. Alle Mitarbeiter*innen auf dem Campus können rund um die Uhr ein Fitnessstudio nutzen oder an verschiedenen Kursen teilnehmen. Außerdem gibt es regelmäßige Vorträge, etwa zu Krebs oder Rückengesundheit.

Im Sinne der Beschäftigten

Mitarbeiter*innen können alles: wenn man sie weiterbildet, wenn man ihnen Werkzeuge gibt, vor allem aber, wenn man es ihnen auch zutraut.
Dana Lafuente
Dana Lafuente Personal und Unternehmenskultur

2019 hat Dana Lafuente die Anti-Harassment-Taskforce koordiniert. Fast 60 Beschäftigte aller Berufsgruppen entwickelten gemeinsam, wie bei sexueller Belästigung vorzugehen ist. Es wurde dann schnell mehr daraus: eine Richtlinie, die vorgibt, was bei Diskriminierung, Machtmissbrauch oder Belästigung passieren soll. Und was das Max Delbrück Center tun kann, um solche Vorfälle zu verhindern. Außerdem wurden neben den bereits bestehenden Anlaufstellen – dem Personalrat, der Frauenvertreterin, der Beschwerdestelle, der Jugend-Auszubildenden-Vertretung, der Schwerbehindertenvertretung – weitere Kontaktstellen eingerichtet: das PhD-Büro, das Postdoc-Office, das Family-Welcome-Office, eine Interessenvertretung für die Technischen Assistent*innen – um so niederschwellig wie möglich Rat anbieten zu können. Anfragen aus der gesamten Helmholtz-Gemeinschaft zu diesem Modellprojekt erreichen sie bis heute, und sie teilt ihre Erfahrungen gern.

Ein anderes Projekt, in das seit 2008 viel Herzblut von Dana Lafuente geflossen ist, ist das Audit berufundfamilie. Mit Gabriele Kollinger, die am Max Delbrück Center zuständig ist für Personalentwicklung, hat sie aktuell ein Handlungsprogramm zum Thema Führung und Entwicklung einer Personalstrategie entwickelt. Gemeinsam mit vielen Führungskräften haben sie ein Konzept für eine Führungskultur auf den Weg gebracht. Im Kern geht es dabei um Befähigung und Vertrauen: Mitarbeiter*innen können alles: wenn man sie weiterbildet, wenn man ihnen Werkzeuge gibt, vor allem aber, wenn man es ihnen auch zutraut“, erläutert Dana Lafuente.

Die geheime Welt der Pilze

Täglich zehn bis zwölf Stunden hat Dana Lafuente am Max Delbrück Center zugebracht. Jetzt ist sie in der Mitte ihres Lebens und hat Lust auf etwas völlig anderes. „Meine zweite Begeisterung gilt den Pilzen“, erklärt sie und gerät ins Schwärmen, „dem vielvergessenen Reich der Funga, die neben Flora und Fauna eigentlich immer zu kurz kommen.“ Zu Unrecht, findet sie. Denn die Pilze halten die Welt in ihrem Innersten zusammen, bilden das „World Wood Web“, über das alle Pflanzen und Bäume miteinander verbunden sind. „Der Boden ist komplett von Pilzfäden durchzogen. In jedem einzelnen Kubikzentimeter stecken 400 Meter“, weiß sie. Auch Max Delbrück beschäftigte sich intensiv mit einem Pilz, erzählt sie, mit Phycomyces. Der Winzling wächst dem Licht entgegen. Kommt ihm dabei etwas in die Quere, wächst er darum herum – ohne das Hindernis berührt zu haben. Mit welchen Antennen ihm das gelingt, hat der Nobelpreisträger nie herausgefunden.

Dana Lafuente will im Barnim Panorama, einem Naturparkzentrum und Agrarmuseum im Norden von Berlin, eine Pilzschule eröffnen. Dort bietet sie bereits Pilzberatungen an, möchte das Angebot jedoch ausweiten, Pilzcoaches ausbilden und kreativ mit Pilzen arbeiten, beispielsweise Pilzmodelle für Kindergärten und Schulen entwickeln.

Mehr Zeit fürs Leben

Es ist aber nicht nur die Sehnsucht nach einem Neustart, die Dana Lafuente dazu bewogen hat, das Max Delbrück Center zu verlassen. Im vergangenen Jahr sind innerhalb von drei Tagen ihre Eltern gestorben. In ihrer Trauer hat sie ihr bisheriges Leben Revue passieren lassen. Und so viel Freude sie bei allem hatte, wurde ihr doch bewusst, was ihr gefehlt hat: Zeit für die Menschen, die ihr am Herzen liegen. Für ihre Familie. Für die vier ukrainischen Familien, die sie und ihr Mann in ihrem Ferienhaus in einem brandenburgischen Dorf aufgenommen haben.

Zeit braucht sie auch für den riesigen Garten in der Uckermark, den ihr die Eltern hinterlassen haben. Fruchtbare 2.000 Quadratmeter voller Äpfel, Birnen, Beeren, Walnüssen und Gemüse. Eine kleine Kostprobe steht auf ihrem Besprechungstisch im Büro: kandierte Nüsse, zartsüße getrocknete Birnen- und Apfelringe, alles selbst gemacht und einfach köstlich.

Sie erholt sich beim Tanzen mit ihrem Mann. Einmal in der Woche besuchen sie gemeinsam einen Kurs. Manchmal ist das der einzige Moment in der Woche, den sie gemeinsam verbringen. „Ach, einfach mal nichts machen müssen“, seufzt sie. „Das ist das Schöne am Tanzen: Ich begebe mich in die Arme des Anderen und lasse mich führen.“ Am meisten genießt sie den Langsamen Walzer. Die Füße machen alles von allein, es ist pure Harmonie. Der Jufli in Dana Lafuente kommt zur Ruhe.

Text: Jana Ehrhardt-Joswig