Brustkrebszellen der Maus

Prämie für den Weg vom Labor in die Klinik

Die Forschungsergebnisse des Max-Delbrück-Centrums sollen möglichst rasch Patientinnen und Patienten zugutekommen. Mit dem Programm „Pre-GoBio“ fördert das MDC deshalb drei Projekte mit insgesamt 825.000 Euro, die für die medizinische Anwendung besonders vielversprechend sind.

Neue Therapieansätze für entzündliche Hautkrankheiten und zur Hautkrebsprävention, ein Hemmstoff, der Krebstherapien verbessern kann und eine innovative Technologie um die Heterogenität von Tumoren detailliert zu untersuchen – die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung sollen möglichst schnell ihren Weg in die Klinik finden. Doch dazu braucht es oft ein wenig Entwicklungshilfe. Die Abteilung Technologietransfer des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) fördert deshalb mit dem Programm „Pre-GoBio“ Forschungsprojekte, die das Zeug dazu haben, den Sprung vom Labor zur Anwendung zu schaffen. In diesem Jahr haben drei Projekte den Zuschlag bekommen. Insgesamt wurden 825.000 Euro für die Laufzeit der Projekte bewilligt.

Von weißen Mäusen und Hautkrankheiten

Die MDC-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler um Professor Michael Bader, Arbeitsgruppe „Molekularbiologie von Hormonen im Herz-Kreislaufsystem“, erforschen eigentlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zufällig entdeckten sie, dass Albinomäuse, denen ein bestimmtes Enzym fehlt, nicht weiß, sondern eher cremefarben sind. Das Enzym, dessen Namen Bader im Moment noch nicht preisgeben will, hat im Körper vielfältige Funktionen. „Wir hatten daher schnell den Verdacht, dass die seltsame Färbung der Mäuse kein Zufall ist, sondern auf das fehlende Enzym zurückzuführen ist“, sagt Bader. „Vermutlich spaltet der Eiweißstoff auch das α-Melanozyten-stimulierende Hormon (α-MSH), ein wichtiger Faktor, damit Haut und Haare pigmentiert werden.“

Ziel des von Pre-GoBio geförderten Projekts ist, diese Hypothese zu beweisen und zudem Hemmstoffe zu testen, um das kritische Enzym zu blockieren und so die Hautpigmentierung anzukurbeln. Tatsächlich existiert bereits eine pharmazeutische Substanz, die dafür geeignet sein könnte. „Wenn uns das gelingt, ließe sich eine Creme entwickeln, um die Haut auf diesem Wege zu bräunen“, sagt Bader. Was nach reiner Kosmetik klingt, hat durchaus medizinische Bedeutung: Die Haut auf diesem Wege vorab zu bräunen, könnte Menschen schützen, die bereits ein Melanom hatten und nun besonders vorsichtig im Umgang mit Sonnenlicht sein müssen. Schließlich haben sie ein erhöhtes Risiko, erneut zu erkranken. Darüber hinaus kann die Blockade des Enzyms möglicherweise bei entzündlichen Hauterkrankungen helfen.

Krebstherapien verbessern

Chemo- und Strahlentherapie sind zentrale Säulen in der Behandlung von Krebserkrankungen. Allerdings verhindern oft Resistenzen gegen die Therapie eine Heilung. Professor Claus Scheidereit, Leiter der Arbeitsgruppe „Signaltransduktion in Tumorzellen“ arbeitet mit seinem Team an einem neuen Weg, um die Wirkung von Chemo- und Strahlentherapien zu verbessern. „Tumorzellen können diesen Therapien entgehen, indem sie einen Signalweg aktivieren, der das Absterben der Tumorzellen verhindert,“ erklärt der Wissenschaftler. Im Zentrum des Geschehens steht das Enzym IκB-Kinase. Es aktiviert den Transkriptionsfaktor NF-κB, was wiederum zelluläre Prozesse anschaltet, die das Überleben der Krebszellen ermöglichen.

Wir hoffen, dass unser Ansatz zu einer neuen Wirkstoffklasse führt, die die Wirkung von Chemo- und Strahlentherapien verstärken kann.
Prof. Dr. Claus Scheidereit
Claus Scheidereit Leiter der AG "Signaltransduktion in Tumorzellen"

Die Beteiligung des NF-κB Signalweges an Krebserkrankungen ist schon länger bekannt. Bisherige Versuche, ihn therapeutisch zu nutzen, sind aber gescheitert. „Das IκB-Kinase/NF-κB-Signalmodul reguliert viele physiologische Prozesse“, sagt Scheidereit. „Deshalb würde eine generelle Blockade zu massiven Nebenwirkungen führen.“ Scheidereits Team hat nun zwei chemische Substanzen identifiziert, die den IκB-Kinase/NF-κB-Signalweg selektiv blockieren können. Und zwar ausschließlich in Zellen, in denen – etwa ausgelöst durch Chemo- oder Strahlentherapie – Doppelstrangbrüche in der DNA entstanden sind. Im Rahmen von Pre-GoBio wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Substanzen und ihre Wirkung zunächst in Zellkulturen und in Tierversuchen untersuchen, bevor klinischen Studien ihre Wirksamkeit bei Patientinnen und Patienten prüfen können. „Wir hoffen, dass unser Ansatz zu einer neuen Wirkstoffklasse führt, die die Wirkung von Chemo- und Strahlentherapien verstärken kann“, erklärt Scheidereit. „Unser Ziel ist, einerseits Therapieresistenzen zu unterbinden und andererseits die Nebenwirkungen der Therapien zu reduzieren.“

Die Heterogenität von Tumorzellen in 3D

Ebenfalls mit Tumorzellen beschäftigt sich das Team um Professor Nikolaus Rajewsky, dem Leiter der Arbeitsgruppe „Systembiologie von genregulatorischen Elementen“ am Berliner Institut für Medizinische Systembiologie (BIMSB) des MDC. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen der Heterogenität von Tumorzellen nach.

Die Zellen eines Tumors sind keinesfalls alle gleich, sondern höchst unterschiedlich. Das erschwert oftmals die exakte Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen. „Wenn wir beides verbessern wollen, müsse wir die Heterogenität von Tumoren besser verstehen“, sagt Rajewsky. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf eine 3D-Sequenzierung. Mit dieser Methode können sie für jede einzelne Zelle in einem Gewebe feststellen, welche Gene gerade abgelesen und in RNA übersetzt werden – und zwar ohne dabei die Informationen über den räumlichen Kontext zu verlieren.

"Single Cells in Time and Space" - Präsentation von Christin Sünkel, AG Rajewsky

 

Im Rahmen der Pre-GoBio Förderung wollen die Forscherinnen und Forscher zunächst als „proof of concept“ einen 3D-Atlas der Genexpression im Mäusegehirn erstellen. Anschließend wollen sie damit beginnen, die von ihnen entwickelte 3D-Sequenzierung auf die Untersuchung von Speicheldrüsentumoren anzuwenden.

Über Pre-GoBio

MDC Pre-GoBio ist ein Programm zur Förderung translationaler Projekte mit hohem medizinischen und kommerziellen Potenzial. Im Rahmen von Pre-GoBio sollen Forschungsergebnisse in Richtung einer konkreten Anwendung entwickelt und damit ihre Marktfähigkeit und Kommerzialisierbarkeit erhöht werden. Ziel des Programms ist eine schnelle und effektive Entwicklung innovativer Produkte und Technologien zum Nutzen des Patienten.

Weiterführende Informationen

Autorin: Stefanie Reinberger