Zwei MDC-Forscher gewinnen Förderungen des Europäischen Forschungsrats
Systembiologe Junker erforscht zufällige Abweichungen im Körper
Wie entstehen aus einer einzelnen, befruchteten Eizelle Millionen von Zellen, die präzise im Organismus eines Wirbeltieres angeordnet sind? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Systembiologe Jan Philipp Junker. Er interessiert sich dabei besonders für variable Phänomene, wie die Lage des Zebrafisch-Herzens, das bei fünf von 100 Fischen rechts und nicht links sitzt. Die betroffenen Zebrafische sind gesund und geben den „Fehler“ auch nicht an ihre Nachkommen weiter, deren Herzen wiederum zu 95 Prozent links lokalisiert sind.
Welche Mechanismen solche Abweichungen verursachen, will Junker im Projekt SPACEVAR (Quantitative analysis of variability and robustness in spatial pattern formation) herausfinden. „Das war bisher nicht möglich, weil die Methoden gefehlt haben. Wir wollen verstehen, wie zufällige Prozesse in der Entwicklungsbiologie entstehen und korrigiert werden. Das Herz des Zebrafischs ist ein gutes Modell dafür“, berichtet Jan Philipp Junker.
In dem Projekt entwickeln er und sein Team parallel für die Untersuchungen notwendige Methoden. So nutzen die Forscher Abstammungsbeziehungen zwischen einzelnen Zellen, um herauszufinden, wie sich Zellstammbäume anpassen, wenn sie gestört werden. Hierfür markieren die Forscher mittels der Geneditierungs-Methode CRISPR/Cas9 einzelne Zellen unterschiedlichen Typs und entnehmen in einem zweiten Schritt eine bestimmte Anzahl der markierten Zellen. „Dabei interessiert uns besonders, wie viele Zellen wir entnehmen können, ohne dass es zu einer Fehlbildung kommt, und wie es dem Organismus gelingt, mit solchen Störungen klarzukommen“, sagt Jan Philipp Junker.
Die Erkenntnisse aus dem für einen Zeitraum von fünf Jahren geförderten Projekt könnten auch zu einem besseren Verständnis darüber beitragen, wie Störungen in der Entwicklungsbiologie des Menschen – zum Beispiel Herzfehler – entstehen.
Krebsforscher Gargiulo bekämpft einen aggressiven Krebs
Der Molekulargenetiker Dr. Gaetano Gargiulo beschäftigt sich mit dem Glioblastoma multiforme (GBM), dem am häufigsten vorkommenden Hirntumor, der unheilbar ist.
Das liegt vor allem an der hochgradigen Heterogenität dieses Tumors und an seiner Resistenz gegenüber verfügbaren Therapien. So schlagen heutige Standard-Therapien entweder gar nicht an, oder der Patient entwickelt schnell eine Resistenz dagegen. Die Heterogenität der Tumoren erschwert es zudem enorm zu beurteilen, welche Therapie für welchen Patienten überhaupt geeignet ist. Die mittlere Lebenserwartung für GBM-Patienten liegt deswegen bei nur 15 Monaten.
Diese beiden Punkte gehen Gargiulo und sein Team in dem Projekt „Glioblastoma Subtype Avatar Models for Target Discovery and Biology“ (iGBMavatars) an. In einem ersten Schritt wollen die Forscher neuartige Tiermodelle für das Glioblastom entwickeln, die die menschliche GBM-Erkrankung so gut wie möglich nachbilden. Anschließend wird die Gruppe um Gaetano Gargiulo mittels Hochdurchsatzverfahren nach Medikamenten und molekularen Biomarkern für das Glioblastom suchen.
„Unsere übergeordneten Ziele sind, jene molekularen ‚Schalter’ im Tumor zu identifizieren, die das Ansprechen von Patienten auf die Behandlung entweder verbessern oder verhindern, und die Lebensdauer der Erkrankten signifikant zu erhöhen. Wir erhalten die aussagekräftigsten Informationen nur, wenn wir mit den bestmöglichen Krankheitsmodellen arbeiten. Möglich wird dies dank der von uns eingesetzten CRISPR/Cas9-Technologie“, erklärt Gaetano Gargiulo das Ziel seines Projekts.
Die ERC Starting Grants werden einmal jährlich ausgelobt; die Grants des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) gehören zu den bedeutendsten Förderprogrammen in Europa. MDC-Wissenschaftler warben mit den Förderungen für Jan Philipp Junker und Gaetano Gargiulo seit 2009 bereits 17 ERC-Stipendien ein.
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