„In New York habe ich Selbstvertrauen gewonnen“
Wie bist du ans Max Delbrück Center gekommen?
Ich arbeite seit Januar 2021 in der Arbeitsgruppe von Leif Ludwig am Berlin Institute for Medical Systems Biology des Max Delbrück Center (MDC-BIMSB). Ich habe mich damals bei verschiedenen Instituten als Doktorandin beworben, ausschlaggebend war aber die Möglichkeit, in einem strukturierten, internationalen Programm ins Ausland gehen zu können. Das Austauschprogramm mit New York war im Endeffekt entscheidend.
Du warst im Sommer etwa einen Monat an der New York University (NYU) in der Arbeitsgruppe von Professor Aristotelis Tsirigos, also in den Applied Bioinformatics Laboratories von NYU Langone Health. Wie kam diese internationale Kooperation innerhalb der „PhD Research School“ zustande?
Es gibt Labore, die etablierte Kollaborationen mit Partnern vor Ort haben. Ich habe mich aber selbst darum gekümmert und online einen Gruppenleiter an der NYU gesucht, der zu unserem Projekt passen könnte.
Wie war es für dich als PhD-Studentin, selbst auf die Suche zu gehen?
Es war total spannend zu sehen, wie sie in den USA im Vergleich zu uns arbeiten.
Ich habe mich drauf gefreut. Mein Gruppenleiter hat mich unterstützt, darauf konnte ich mich immer verlassen. Aufgeregt war ich irgendwann aber schon. Es ist eben eine Sache, hier von Deutschland aus Leute anzuschreiben, sie zwei Mal über Zoom zu treffen. Und eine ganz andere, dann bei ihnen im Labor zu stehen. Aber ich wurde sehr nett empfangen und alle waren ausgesprochen offen. Insgesamt habe ich wahnsinnig viel gelernt. Den ersten Kontakt herstellen, gemeinsam zu brainstormen, woran man potenziell forschen könnte. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit mehreren Laboren? Es war total spannend zu sehen, wie sie in den USA im Vergleich zu uns arbeiten.
Mit der „PhD Research School“ Erfahrungen im Ausland sammeln
Was ist anders in einem New Yorker Labor?
Ich habe mir ein Labor gesucht, das anders als unsere Gruppe, rein bioinformatisch arbeitet. Dadurch gibt es schon mal Unterschiede bei den Arbeitszeiten und der Struktur. Aber auch die Zusammenarbeit und die Mentalität ist eine andere als in Deutschland – viel offener. Ich habe viel von der Sichtweise auf Ergebnisse mitnehmen können. Was meine Daten angeht, bin ich manchmal ein bisschen pessimistischer. Zum Beispiel habe ich häufiger mit Bettina Nadorp, „Assistant Professor“ dort, über mein Projekt und die jüngsten Ergebnisse gesprochen. Sie hatte immer eine gute Idee und war viel positiver gestimmt als ich. Bei Daten, die auf den ersten Blick nicht so aussahen wie erwartet, hat sie immer noch etwas gefunden, was „gut“ war und was mich weiterbringen könnte. Als ich dann wieder zurück in Berlin war, habe ich versucht, mir das abzuschauen.
Wie kann man sich die Zusammenarbeit zwischen Berlin und New York in deinem PhD-Projekt vorstellen?
Seit Beginn meiner Promotion sammle ich Blut- und Knochenmarkproben von Patientinnen und Patienten, die eine Stammzellentransplantation bekommen haben. Ich will herausfinden, wie sich die Stammzellen in den Erkrankten regenerieren und das Blutsystem erneuern. Wir sequenzieren die DNA im Zellkern und der Mitochondrien, also der Energieproduzenten der Zelle auf Einzelzellebene. Dann schauen wir uns Mutationen in der mitochondrialen DNA an und auch das offene Chromatin der Zellen, also Bereiche, wo die Bausubstanz der Chromosomen leichter zugänglich ist. So können wir Schlüsse ziehen, welche Blutzellen, beispielsweise T- oder B-Zellen, von welchen Stammzellen im Knochenmark abstammen. Das Tsirigos Lab hat eine biomedizinische „Machine Learning“-Methode für so eine Datenanalyse etabliert und publiziert. Sie bringt eine spannende andere Sichtweise mit sich, zusätzlich zu dem, was wir hier am MDC-BIMSB machen.
Wie hat dein Auslandsaufenthalt in New York deine Promotion konkret weitergebracht?
Ich habe super viel Grundlegendes über Bioinformatik gelernt, ich selbst habe einen „Wet Lab“-Hintergrund. So konnte ich großes Selbstvertrauen in meine Datenanalyse gewinnen. Als ich in New York war, waren meine Daten zwar noch nicht bereit, um die Methode anzuwenden. Aber wir haben einen Plan gemacht, wie ich dies zukünftig erreichen könnte. Wenn ich soweit bin, fliege ich vielleicht nochmal hin. Das wäre sinnvoll, wenn ich zum Beispiel Probleme beim Anwenden der Methode bekomme.
Warum findest du es so wichtig, während der Doktorarbeit im Ausland zu arbeiten?
Ich war schon während meines Masterstudiums in Boston, was mir richtig gut gefallen hat. Und ich wollte schon immer nach New York. Als ich dann dort war, habe ich unglaublich nette Leute gefunden, die auch außerhalb des Labors viel mit mir unternommen haben, was gar nicht selbstverständlich ist. Und New York als Stadt ist einfach unglaublich toll. Außerdem habe ich jetzt einen zweiten Betreuer für meine Doktorarbeit. Dr. Tsigiros ist auch in meinem „Thesis Advisory“-Komitee – das war eine der Voraussetzungen für den Austausch. So habe ich mehr Möglichkeiten, selbstständig zu arbeiten und es gibt natürlich viele Pluspunkte für mein Projekt.
Was sollte man für das PhD-Programm mitbringen?
Uns alle eint, dass wir so viel Spaß an unseren Projekten haben. Ich glaube, man muss mit Leidenschaft sein Projekt vorantreiben, sonst wird es schwer, eine internationale Kollaboration aufzusetzen. Ich bin nicht besonders extrovertiert, aber dafür offen, selbstständig und proaktiv. Das ist wichtig.
Die Fragen stellte Christina Anders.
Weiterführende Informationen
- Das „MDC-NYU PhD Exchange Program“
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Das Das MDC-NYU PhD Exchange Program bildet die nächste Generation Systembiologen aus und zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen dem Max Delbrück Center und internationalen Partnern, wie der NYU und der University of Edinburgh zu stärken. Alle teilnehmenden Doktorand*innen arbeiten in einer Forschungsgruppe am MDC-BIMSB und haben die Möglichkeit, über das Austauschprogramm für bis zu zwei Jahre ins Ausland zu gehen, um dort in einem Labor zu forschen. Ein Auswahlkomitee führt Bewerbungsgespräche und wählt pro Bewerbungsrunde maximal zwei Anwärter*innen für das Programm aus. Alle Teilnehmenden treffen sich mehrmals im Jahr, um sich auszutauschen.
Die Forschung von Aristotelis Tsirigos