CeMM Eu-Life

Yin und Yang im Körper

Gedeih und Verderb liegen mitunter nah beieinander. Beim diesjährigen EU-LIFE Scientific Workshop berichteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem über erfolgversprechende Therapiestrategien gegen Krebs, oder auch wie diese ins Gegenteil umschlagen können. 

Am 12. und 13. Mai trafen sich Forschende aus den dreizehn europäischen Forschungsinstituten des EU-LIFE-Netzwerks am Wiener Centrum für Molekulare Medizin (CeMM), um über „Entzündung und Immunität“ zu diskutieren. Die 2013 gegründete Initiative EU-LIFE bietet große Chancen für die beteiligten Institute: „Das EU-LIFE-Netzwerk ermöglicht fantastische Kollaborationen zwischen den Zentren und zwischen Forschern aller Ebenen“, sagt Jo Bury, Direktor des Vlaams Instituut voor Biotechnologie (VIB) in der Eröffnungsrede des Workshops.

Das zeigten auch die wissenschaftlichen Präsentationen, bei denen ein spezielles Vortragsformat zum Einsatz kam: Ein „Tandem“ aus jeweils einer an Grundlagen und einer klinisch forschenden Person berichtete aus der Wissenschaft zwischen Labor und Krankenbett.

Thomas Blankenstein vom MDC und Il-Kang Na von Charité und ECRC stellten ihre neuesten Fortschritte in der Krebstherapie mit Hilfe von T-Zellen vor – ein Forschungsbereich, in dem das MDC besonders stark ist. Diese Zellen werden aus Patientenblut isoliert und mit neuen T-Zell-Rezeptoren ausgestattet, die an krankhaft veränderte Oberflächenmerkmale der Krebszellen andocken. Ist die Krebszelle erkannt, wird sie von der Immunzelle zerstört. In ersten klinischen Tests war diese Therapiestrategie bereits sehr erfolgreich. Herausforderungen auf dem Weg zu einer breit anwendbaren T-Zell-Therapie ist etwa das Auffinden von geeigneten therapeutischen T-Zell-Rezeptoren, oder auch die Wahl der geeignetsten Subpopulationen aus der großen Familie der T-Zellen. An diesen Themen arbeiten die beiden Berliner Wissenschaftler.

Ein weiteres Thema der Beiträge war die Zweischneidigkeit vieler Regulationsmechanismen im Körper. Verändert man ihren Verlauf für eine Therapie, können sie unbeabsichtigte Effekte auslösen – im Extremfall genau das, was man vermeiden wollte.

So stießen zwei Forscher des belgischen VIB, Jo van Ginderachter und Massimiliano Mazzone, in ihrer Arbeit an Krebstumoren auf ein vertracktes Phänomen. Makrophagen – Riesenfresszellen also – befinden sich in der unmittelbaren Umgebung des Tumors und können einerseits Krebs bekämpfen und Entzündungsprozesse vorantreiben. Anderseits besitzen sie aber auch die Eigenschaft, die Blutgefäßbildung anzuregen und damit das Tumorwachstum und die Metastasenbildung anzufachen. Mazzone zeigte den Ausweg: Hielt er im Mäuseexperiment die Makrophagen davon ab, in die sauerstoffarmen Nischen von Krebsgeschwulsten einzuwandern, wurde der Verstärkungseffekt unterbrochen und die Ausbreitung von Metastasen eingedämmt.

Die dreizehn EU-LIFE Forschungszentren decken thematisch die gesamte Bandbreite der Biomedizin ab, und so beinhaltete das Vortragsprogramm über „Entzündung und Immunität“ weit mehr als die genannten Beispiele: Neben verschiedenen Krebsarten und Krebstherapien wurden auch Krankheitsbilder wie Parkinson, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Immuntoleranz und Sepsis beleuchtet.

„Obwohl wir uns mit Harvard und Oxford messen können, werden wir von Politikern nicht gehört“, sagt Jo Bury. Der Zusammenschluss der Forschungszentren im EU-LIFE-Netzwerk soll den Instituten auch mehr Sichtbarkeit auf politischer Ebene verschaffen. Die beiden Geschichten sind exemplarisch für die faszinierende Forschung von Weltklasse, die an den EU-LIFE-Forschungsinstituten betrieben wird – und sie zeigen, wie wichtig Kooperationen für exzellente Forschung sind.

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Beitragsbild: Gruppenbild aller Teilnehmer des Workshops, Bild: Hans Leitner/CeMM. Der Text wurde in Zusammenarbeit mit Cornelia Maurer erarbeitet.