EMBO-Fellowship für Studien zur Geschlechtsentwicklung
Ob ein Individuum männliche oder weibliche Geschlechtsorgane ausbildet, entscheidet sich in der Embryonalphase. Je nach Tierart wird diese Geschlechtsbestimmung auf unterschiedliche Weise ausgelöst: Während beim Menschen wie bei den meisten Säugetieren die Geschlechtschromosomen X und Y über „weiblich“ oder „männlich“ entscheiden, hängt dies bei anderen Wirbeltieren von Umweltfaktoren ab: „Bei niedrigen Reifungstemperaturen entstehen beispielsweise bei vielen Schildkrötenarten Männchen, bei höheren Temperaturen Weibchen“, sagt Rafael Dominguez Acemel vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC).
Doch wie genau stoßen solche Signale aus der Umgebung die Entwicklung zu weiblichen oder männlichen Tieren an und was genau passiert im Detail in den individuellen Zellen? Mit diesen Fragen wird sich Dominguez Acemel nun zwei Jahre lang intensiv im Rahmen des EMBO Postdoctoral Fellowships beschäftigen, mit dem er im Juni ausgezeichnet wurde. „Antworten zu finden ist nicht nur wegen der neuen Erkenntnisse für die Grundlagenforschung spannend, sondern auch weil der Klimawandel das Geschlechterverhältnis bei vielen Tierarten beeinflusst und damit ihr Überleben gefährdet“, erläutert der Forscher. Er arbeitet seit Januar 2020 in der Gruppe „Epigenetik und Geschlechtsentwicklung“ von Dario Jesus Lupíañez Garcia.
In enger Zusammenarbeit mit dem Labor von Professor Blanche Capel an der Duke University in Durham, North Carolina, will der Forscher Einzelzelltechnologien, vergleichende Genomik und transgene Methoden nutzen, um zu vergleichen, wie bei verschiedenen Arten das Geschlecht festgelegt wird. „Wir schauen uns an, was innerhalb von einzelnen Zellen der Geschlechtsorgane vor, während und nach der Differenzierung zu Ovarien und Testikeln passiert.“, berichtet Dominguez Acemel.
Die Ergebnisse aus diesem Forschungsprojekt könnten in Zukunft auch dazu beitragen, Unterschiede in der Geschlechtsentwicklung besser zu verstehen und die Erhaltung von Arten zu fördern, die durch Umweltveränderungen wie den Klimawandel gefährdet sind.
Die EMBO Postdoctoral Fellowships werden für einen Zeitraum von zwei Jahren an exzellente Nachwuchsforscherinnen und -forscher verliehen. Die Fellowships sind mit etwa 140.000 Euro dotiert und bieten neben der finanziellen Unterstützung Kurse für Führungskräfte sowie Möglichkeiten zum Netzwerken.
Text: Wiebke Peters