
Raffael Rheinsberg
Das E als Element der Architektur
Walter Gropius gründete 1919 in Weimar das Bauhaus, eine Schule für gestaltendes Handwerk und bildende Künste, an der bedeutende Architekten lehrten wie Gropius und Mies van der Rohe, der Erbauer der Neuen Nationalgalerie in Berlin, und Maler wie Feininger, Klee, Kandinsky und Schlemmer. 1925 wurde das Bauhaus nach Dessau verlegt und gelangte dort zu Weltruhm. Das Bauhaus brachte am unmittelbarsten den sozialen Aspekt der Architektur und der Künste der zwanziger Jahre zum Ausdruck. Das Bauen wurde von geometrischen Grundformen bestimmt und die Maschinenform als die gültige anerkannt. Das Industrieprodukt herrschte vor, weil die Maschine im Stande ist, die Massen billig mit dem Notwendigen zu versorgen. Dem Einzelstück wurde nur ein untergeordneter Platz zugewiesen.
Die rationale Architektur des rechten Winkels, die große Konstruktion und ihre Grammatik bestimmten besonders New Yorks Stadtgestaltung, wo sich Raffael Rheinsberg 1983 ein Jahr lang im Rahmen des DAAD-Stipendiums aufhielt. Hier fand er in der großartigen Architektur erstmalig seine kleinen E's aus den Wicklungen der Elektro-Transformatoren, erkannte im Grundriß der Wolkenkratzer, im Aufbau, in der Anordnung von Fenstern und Türen immer wieder die einfache Grundform eines E's - das Mäander als Ornament in der modernen Architektur. Ende 1987 machte er mit seinem Galeristen Norbert Weber das Buch MANHATTAN - DAS E ALS ELEMENT DER ARCHITEKTUR, ein Leporello mit Prägedrucken und installierte das E-Sprechstück, das sich jetzt im Besitz der Nationalgalerie befindet. Raffael Rheinsberg ist ein typischer Künstler der sozialen Plastik, wie es Joseph Beuys im Zusammenhang mit seiner Idee des erweiterten Kunstbegriffs prägte. Er erfindet nichts - er findet. Es ist alles schon da, man muß dem nichts hinzufügen, man muß lediglich denken und sehen können, so Rheinsberg, und jeder Gegenstand besitzt eine Seele, der Symbolwert eines Gegenstandes ist unendlich. Die kleinen, verkannten, gebrauchten, aussortierten Gegenstände aus der Arbeitswelt ergeben in ihrer Gesamtheit ein aufschlußreiches Bild unserer Gesellschaft und sind das Arbeitsmaterial Raffael Rheinsbergs.
Das E als Element der Architektur, 2000, Bleche aus Transformatoren
Als Standort für sein großes MOSAIK DER DINGE wählte er das Elektrizitätsgebäude zur Versorgung des MDC. Dort brachte er Tausende von Wickelplatten an, die in verschiedenen Größen und Farben ein einfaches aber eindrucksvolles und schillerndes Bild ergeben. Damit wurde ein oft übersehenes aber überaus wichtiges Gebäude zum Kunstwerk, zum Wegweiser und Denkmal für Energie- und Kraftquellen als Voraussetzung und Metapher für das HEUTE IN DER ZEIT, ein Gebäude, dessen Fassade - gekippt - wiederum die Form eines E's hat.
Lilli Engel, Berlin, 2000
Biografie
Jahr |
Ereignis |
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1943 | am 12. März in Kiel geboren |
1958-61 | Lehre als Former und Gießer in Kiel-Friedrichsort |
1973-79 | Studium an der Fachhochschule für Gestaltung in Kiel bei Prof. Zimmermann |
1979 | Stipendium des Landes Schleswig- Holstein für Berlin, Künstlerhaus Bethanien |
1982 | Arbeitsstipendium des Senators für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin |
1983 | DAAD-Stipendium der PS1, New York |
1984 | Deutscher Kritikerpreis Förderpreis Bildende Kunst des "Kunstpreis Berlin" 1984 der Akademie der Künste, Berlin Mitglied des Deutschen Künstlerbundes |
1988 | Kulturpreis der Stadt Kiel |
1989 | Stipendium des Nordischen Kunstzentrums, Suomentlinna/Finnland |
1994 | Landeskunstpreis von Schleswig- Holstein |
2001 | Ilse Augustin-Preis, Berlin |
Raffael Rheinsberg ist am 27. Oktober 2016 gestorben.
Ausgewählte Einzelausstellungen
Jahr |
Ereignis |
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1980 | Anhalter Bahnhof, Ruine oder Tempel? Gallerie Giannozzo, Berlin Transit, Künstlerhaus Bethanien, Berlin Sous un ciel bleu, Centre culturel du Marais Paris und Kunstverein Mainz |
1981 | Fundstücke, Fotos, Konzepte, Neuer Berliner Kunstverein Wörtliche Fotografie, Galerie Giannozzo, Berlin |
1982 | Botschaften, Berlin Museum Leaving Manhattan Behind, Fashion Moda, New York Mit den Händen sehen, Künstlerhaus Bethanien, Berlin |
1984 | New Yorker Arbeiten, Quergalerie, Berlin Installation U.S.F., Bergen |
1985 | Tender de diable sans peindre au mur, Maison de la Culture André Malraux de Reims Frühe Arbeiten auf Papier, Kunstamt Wedding |
1986 | Teile, Wewerka Galerie, Hannover Objekte, St. Annen Museum, Lübeck |
1987 | Der Fries von Suomenlinna, Helsinki Zerstörte Bilder (mit Lilli Engel), Langemarckhalle, Berlin |
1990 | "wo soll das alles enden?" Sonderjyllands Kunstmuseum, Tonder |
1991 | Von VEB zu MaK, Asperger Galerie, Berlin Galerie vier, Berlin Das Ding an sich, Forum Bilker Straße, Düsseldorf |
1992 | Reciclaje, Museo de Arte Carrillo Gil, Mexico City Zeit Säule, EXPO 92, Deutscher Pavillon, Sevilla |
1993 | Die Dinge, Die Orte, Die Zeit, Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien im Palais Lichtenstein Felder, Badisches Landesmuseum, Karlsruhe Arbeiten zur Zeit, Kunsthalle Nürnberg "Heidelberger", Heidelberger Kunstverein |
1994 | Die Zeit vor der Zukunft, Sirhane Palast, Instanbul Der Kreislauf der Dinge, Kunsthalle Recklinghausen, Kunsthallen Brands Klädefabrik Odense, Tallina Kunstihoone, Städtische Museum Flensburg |
1995 | Documenta der Kleinplastiken, Nationalgalerie Berlin |
1996 | Comercia, Fassbender Galerie Chicago |
1997 | Bolzani, Galerie nemo, Eckernförde Eine andere Generation, Kunstverein Bochum Die Unermeßlichkeit der Dinge, Virtualitas, Internet- Galerie, Berlin Ferne Nähe, Waschhaus Potsdam, mit Lilli Engel |
1998 | Die Zeit vor der Zukunft, Carlberg Glyptotek, Kopenhagen Jubiläums-Ausstellung, Overbeckgesellschaft, Lübeck |
2000 | In alle Richtungen, Kunstverein Weiden Comercia, Galerie NEMO, Eckernförde Aida, Werkstatt Galerie 20 der Hochschule Wismar Durchreise, Künstlerhaus Bethanien, Berlin Zwischen Wasser, Schloss Plöhn 3. Eckernförder Grafiktage, Museum Eckernförde Mit Sicherheit, Freilichtausstellung,Tecklenburg Gipfeltreffen, Zugspitze Garmisch Partenkirchen |
2001 | Das Gedächtnis der Kunst, Schirn-Kunsthalle, Frankfurt |
2002 | Unterschicht Mittelschicht Oberschicht, Württembergischer Kunstverein Stuttgart Dokumenta der Kleinplastiken, Nationalgalerie Berlin Orient und Occident, Galerie Neuer Meisterim Albertinum Dresden |