W3-Professur für Sofia Forslund
Organismus und Mikrobiom entwickeln sich immer gemeinsam in Richtung Gesundheit oder Krankheit. Mit ihrer Arbeitsgruppe „Wirt-Mikrobiom Faktoren in Herz-Kreislauferkrankungen“ am Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung des Max Delbrück Centers und der Charité – Universitätsmedizin Berlin, erforscht Dr. Sofia Forslund, wie sich die vielfältigen Bakterien in unserem Darm auf die Gesundheit auswirken und umgekehrt. Zuvor hatte Forslund am ECRC eine Juniorprofessorinnenstelle inne. Ab 1. August nimmt sie eine W3-Professur an der Charité an, wo sie neben ihrer Forschungstätigkeit auch lehrt.
Die Biochemikerin und Bioinformatikerin untersucht mithilfe von Hochdurchsatzmethoden das individuelle Mikrobiom von tausenden Gesunden sowie Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen – also den Bakteriencocktail im Darm, der bei jedem Menschen anders gemischt ist. Sie möchte den gegenseitigen Einfluss von Mensch und Mikrobiom genauer charakterisieren und seine Rolle bei Gesundheit und Krankheit erforschen. „Mit diesem Wissen wollen wir zur Entwicklung personalisierter Therapien beitragen“, sagt Forslund.
Als eine besonders überraschende Erkenntnis hat Forslund 2022 herausgefunden, dass Medikamente die Herz-Kreislaufgesundheit über das Darmmikrobiom beeinflussen. Längst ist klar, dass Antibiotika nicht nur Krankheitskeime abtöten, sondern auch nützliche Bakterien im Darm vernichten. Dies kann zu kardiometabolischen Erkankungen führen, wie Forslund festgestellt hat, wirkt sich negativ auf den Krankheitsverlauf aus und schwächt zudem eine wirksame Behandlung. Umgekehrt können Medikamente – etwa gemeinsam verabreichte Betablocker und Diuretika – das Darmmikrobiom positiv beeinflussen: Die Zahl von schützenden Keimen steigt an, die im Körper entzündunsgshemmend wirken.
Ich bin stolz darauf, dass ich als trans Person auf diese wichtige akademische Position berufen worden bin.
Sofia Forslund gehörte 2022 zu den meistzitierten Forschenden weltweit und hat damit einen besonders großen Einfluss auf ihr Fachgebiet. Diesen möchte sie nicht nur wissenschaftlich geltend machen: „Ich bin stolz darauf, dass ich als trans Person auf diese wichtige akademische Position berufen worden bin“, sagt sie. „Ich weiss nicht wie viele das in Deutschland außer mir geschafft haben – mir persönlich ist niemand anderes bekannt.“ Forslund möchte mit ihrer Professur für mehr Sichtbarkeit von Menschen eintreten, deren demographischer Hintergrund nicht der Norm entspricht – aber auch für mehr Toleranz und Diversität in der Gesellschaft.
Text: Stefanie Reinberger