Verma: Gentherapie noch lange keine etablierte Methode in der Klinik Größte Hürde - Entwicklung geeigneter Gen-Taxis
Vor überzogenen Erwartungen über die Möglichkeiten der Gentherapie bei schweren, bislang kaum oder nur unzureichend zu behandelnden Erkrankungen hat der amerikanische Wissenschaftler Dr. Inder Verma vom Salk Institut im kalifornischen San Diego gewarnt. Auf dem 3. Internationalen Gentherapie-Symposium im MAX-DELBRÜCK-CENTRUM FÜR MOLEKULARE MEDIZIN (MDC) BERLIN-BUCH betonte Dr. Verma am Freitag (21. April 1995) in seinem Eröffnungsvortrag, "die Gentherapie wird noch lange Zeit keine etablierte Behandlungsmethode für schwere Krankheiten in der Klinik sein." Grundlagenforscher und Kliniker unternehmen gemeinsam jedoch große Anstrengungen, so Verma weiter, um die Erkenntnisse aus den Labors so rasch wie möglich den Patienten am Krankenbett zugute kommen zu lassen. Weltweit gibt es seit Beginn der Gentherapie 1990 in den USA über 100 klinische Studien, die meisten davon gegen Krebs.
Eine der großen Hürden bisher sei, so Verma, die Entwicklung geeigneter Übertragungssysteme (Vektoren) für Gene. "Es gibt noch keine idealen Vektoren", sagte er. Vor diesem Hintergrund bewertete der Molekularbiologe und Virologe die "ersten Ergebnisse" bei der gentherapeutischen Behandlung der schweren angeborenen Immunschwäche ADA, bei denen Kindern mit Hilfe viraler Partikel das ADA-Gen übertragen wurde, als "vorsichtig optimistisch." Weiter betonte er: "Wir brauchen jetzt eine tieferes Verständnis über die Biologie der verschiedenen Viren, die wir als Übertragungssysteme für Gene einsetzen." "Auch müssen wir mit Nachdruck nach Alternativen für virale Vektoren forschen."
Als Vektoren werden zum Beispiel entschärfte Retroviren eingesetzt. Deren Nachteil ist, daß sie nur sich teilende Zellen erreichen. "Das ist ein ernstes Problem für die in vivo Gentherapie". Möglicherweise könne diese Schwierigkeit aber mit bestimmten Retroviren als Übertragungssysteme für Gene überwunden werden, die in der Lage sind, auch sich nicht teilende Zellen zu erreichen. Unerwartet sei, daß gesunde Gene, die mit Retroviren in die Zielzellen außerhalb des Organismus (ex vivo) geschleust und anschließend in den Organismus übertragen wurden, sich nicht anschalteten. Das heißt, das übertragene Gen hatte seine Funktion nicht erfüllt.
Schwerpunkte des zweitägigen Symposiums im MAX-DELBRÜCK-CENTRUM FÜR MOLEKULARE MEDIZIN (MDC) BERLIN-BUCH sind neben der Entwicklung von Vektor-Systemen auch klinische Studien in den USA und der Bundesrepublik. Weiter geht es um Grundlagenforschung zur Gentherapie von Erbleiden, Krebs sowie nicht genetisch bedingten Leiden, wie Gefäßerkrankungen und Arthritis. An dem Kongreß, der von der Max-Planck-Arbeitsgruppe "Gensubstitution und Zellteilungsregulation" gemeinsam mit dem MDC organisiert wurde, nehmen rund 400 Wissenschaftler aus den USA und Europa teil.
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