Begrüßungsgeld

Tränen in der Bankfiliale

Karin Eifert, Inventurbeauftragte, Abteilung Finanzen

Zur Zeit des Mauerfalls wusste ich bestenfalls, dass es den Bezirk Buch gibt. Dass hier schon jahrzehntelang geforscht wurde, war mir als alter West-Berlinerin völlig unbekannt.
So geduldige und glückliche „Kunden“ kannte ich vorher nicht!
Karin Eifert Abteilung Finanzen

In einer Bankfiliale in Berlin holen sich Ostberliner Begrüßungsgeld ab.

Ich steckte zu der Zeit in einer Umschulung zur Bankkauffrau, weit weg von der Mauer im Bezirk Wilmersdorf. Wie immer hörte ich auch am Abend des 9. November noch einmal Nachrichten. Dort war von Trabbis auf dem Kurfürstendamm die Rede. Was das bedeutet, habe ich überhaupt nicht begriffen. Bis ich am 10. November auf dem Weg zur Arbeit schon vom Bus aus lange Menschenschlangen vor der Bankfiliale Bundesallee Ecke Badensche Straße sah. Drinnen herrschte Ausnahmezustand. Es war klar, dass die Banken das Begrüßungsgeld auszahlen würden - doch wie das organisiert werden sollte, wurde noch vom Vorstand beraten. Kurzum: Ich habe dann wochenlang 100 DM-Scheine ausgegeben. So geduldige und glückliche „Kunden“ kannte ich vorher nicht! Und noch nie habe ich bei der Arbeit so viel geweint. Manche hielten offenbar zum ersten Mal einen 100 DM-Schein in der Hand und fingen an zu weinen – egal ob jung oder alt. Das war „ansteckend“. In den ersten Tagen organisierten Anwohner an der Kreuzung sogar Getränke für die vielen Wartenden.

 

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