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Wissenschaftler von Charité und MDC entdecken neues Gen für erbliche Herzmuskelerkrankung

Eine der am häufigsten vererbten Erkrankungen des Herzens ist die Verdickung des Herzmuskels, die so genannte Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM). Typischerweise macht sich die Erkrankung durch eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit bemerkbar: Betroffene spüren bei Anstrengung Luftnot und Druckgefühl auf der Brust. Viele Betroffene haben jedoch keine oder nur sehr gering ausgeprägte Beschwerden, so dass die Erkrankung in vielen Fällen unbemerkt verläuft. Gefürchtet ist ein plötzlicher Herztod infolge der Erkrankung. So ist eine HCM die häufigste Ursache für einen plötzlichen Herztod bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen. Deshalb ist es wichtig, die Erkrankung möglichst früh zu erkennen und zu behandeln. Jetzt haben Christian Geier und Prof. Karl Josef Osterziel von der Franz-Volhard-Klinik und dem Virchow Klinikum (beide Charité der Humboldt Universität zu Berlin) und Wissenschaftler des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch sowie der Universitäten Potsdam und Witten-Herdecke ein neues Krankheitsgen als Ursache der Erkrankung entdeckt. Ihre Arbeit ist jetzt in der angesehenen amerikanischen Fachzeitschrift Circulation* online veröffentlicht worden (http://circ.ahajournals.org/rapidaccess.shtml, Digital Object Identifier, doi: 10.1161/01.CIR.0000056522.82563.5F; gedruckte Ausgabe mit begleitendem Editorial: Circulation. 2003;107:1390-1395, 18. März 2003).

Bisher konnten acht Gene als Ursache für die familiäre
Herzmuskelverdickung identifiziert werden. Sie betreffen vorwiegend den
Kontraktionsapparat (Sarkomer) der Herzmuskelzellen, der dafür sorgt, dass sich
das Herz bei jedem Schlag zusammenziehen und Blut in den Körper pumpen kann.
Allerdings können, so betonen Christian Geier und Prof. Osterziel, nicht alle
Formen dieser Erkrankung auf diese Gene zurückgeführt werden. Die beiden
Kardiologen nahmen ein Gen (CRP3) unter die Lupe, das den Bauplan für ein
Protein enthält, das in der Fachsprache als Muscle LIM Protein (MLP) bezeichnet
wird. Dieses Protein reguliert einerseits die Entwicklung des Herzmuskels und
spielt andererseits bei der Aufrechterhaltung der Struktur von Herzmuskelzellen
eine wichtige Rolle. In Tierversuchen hatte sich gezeigt, dass Mäuse, denen
dieses Protein fehlt, eine schwere Herzmuskelschwäche zusammen mit einer
Herzmuskelverdickung entwickeln.

Bei drei Familien mit einer Hypertrophen Kardiomyopathie
konnten die Genforscher insgesamt drei verschiedene Varianten (Mutationen) des
MLP-Gens nachweisen. Alle Familienmitglieder mit MLP-Mutationen zeigten Zeichen
der Herzmuskelerkrankung. Dagegen konnten bei vielen hundert Gesunden keine
MLP-Mutationen nachgewiesen werden. Die Forscher konnten zeigen, dass durch die
Mutationen der Bauplan von MLP an funktionell wichtigen Stellen verändert wird.
Im stabilisierenden Netzwerk der Herzmuskelzellen, das die Elemente des
Sarkomers an die Zellhülle koppelt, bindet MLP normalerweise an alpha-Actinin,
ein anderes Protein dieses Netzwerkes. Das veränderte Protein war kaum noch in
der Lage, diese Bindung herzustellen. Die Forscher sind davon überzeugt, dass
die Entstehung von Herzmuskelerkrankungen in einem neuen Kontext betrachtet
werden muss, da nicht nur das Sarkomer, sondern offenbar auch andere Bausteine,
wie das jetzt nachgewiesene Protein ursächlich an der Entstehung dieser
Herzmuskelerkrankung beteiligt sind.

Als Nächstes wollen die Wissenschaftler genauer
untersuchen, wie diese Genveränderungen zur
Ausbildung der Herzmuskelerkrankung führen. Langfristig hoffen sie, dass diese
Forschungen dazu beitragen, die Behandlung sowohl dieser speziellen
Herzmuskelerkrankung als auch der Herzschwäche (Herzinsuffizienz) zu
verbessern.

* Mutations in the Human Muscle LIM
Protein Gene in Families with Hypertrophic Cardiomyopathy

Christian Geier, MD1,2; Andreas
Perrot, MSc1; Cemil Özcelik, MD1; Priska Binner, PhD3;
Damian Counsell, MSc4; Katrin Hoffmann, MD1,2; Bernhard
Pilz, MD1; Yvonne Martiniak, MSc1; Katja Gehmlich, BSc5;
Peter F. M. van der Ven, PhD5; Dieter O. Fürst, PhD5;
Arnold Vornwald, MD6; Eberhard von Hodenberg, MD7; Peter Nürnberg,
PhD2,8; Thomas Scheffold, MD3; Rainer Dietz, MD1;
Karl Josef Osterziel, MD1

1Universitätsklinikum
Charité/Kardiologie am Campus Buch und Virchow Klinikum, Humboldt-Universität
zu Berlin, Germany

2Max-Delbrück-Centrum für
Molekulare Medizin (MDC), Berlin-Buch, Germany

3Institut für
Herz-Kreislaufforschung an der Universität Witten/Herdecke, Germany

4MRC Human Genome Mapping Project
Resource Centre, Hinxton, Cambridge, UK

5Abteilung Zellbiologie, Institut
für Biochemie und Biologie, Universität Potsdam, Germany

6DRK-Blutspendedienst Berlin,
Germany

7Herzzentrum Lahr/Baden, Germany

8Universitätsklinikum Charité,
Institut für Medizinische Genetik, Humboldt-Universität, Berlin, Germany

Barbara Bachtler

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