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Wie Prionen Nervenzellen infizieren - Immunzellen dienen als Vehikel

Die Creutzfeldt-Jacob-Krankheit (CJK) ist eine Infektionskrankheit, die von bestimmten Eiweissen, Prionen, ausgelöst wird. Im fortgeschrittenen Stadium zerstören die Erreger das Gehirn. Doch offenbar wird das Gehirn nicht in jedem Fall direkt infiziert. Prionen gelangen zumeist über die Peripherie - vermutlich über den Magen-Darm-Trakt - in den Körper und vermehren sich ausgerechnet in den Organen des Immunsystems: in den Lymphknoten, der Milz und in den Rachenmandeln. Fatalerweise hilft den Prionen auch ein weiterer Bestandteil der Immunabwehr, das Komplementsystem, sich in diesen lymphatischen Organen anzusiedeln, wie Prof. Adriano Aguzzi vom Universitätshospital Zürich/Schweiz vor einiger Zeit nachweisen konnte. Noch ist jedoch der Mechanismus, wie Prionen vom Immunsystem in das Nervensystem gelangen, unklar. Offenbar gelingt es Prionen, die sich in der Milz angesiedelt haben, aber über eine weitere Gruppe von Immunzellen, die so genannten follikulären dendritischen Zellen (FDCs), periphere Nervenzellen zu infizieren. Das haben jetzt Prof. Aguzzi, seine Mitarbeiter Dr. Marco Prinz und Dr. Mathias Heikenwalder in Zusammenarbeit mit Dr. Martin Lipp vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch im Tierversuch gezeigt. Die Arbeit hat die Fachzeitschrift Nature am 15. Oktober 2003 vorab online veröffentlicht (www.nature.com/nature | http://dx.doi.org/doi:10.1038/nature02072).

Während die Prionen innerhalb weniger Tage nach einer
Infektion bei der Maus in die lymphatischen Organe gelangen und sich dort in
den FDCs vermehren können, geraten sie über periphere Nervenzellen erst nach
Monaten in das zentrale Nervensystem. Den Grund für diese stark verzögerte
Neuroinvasion der Prionen sehen die Forscher in der räumlichen Trennung
zwischen FDCs und Nervenzellen. Normalerweise bilden die follikulären
dendritischen Zellen mit den B-Zellen in der Milz so genannte B-Zell-Follikel
(B-Zonen) aus, die in einer gewissen Distanz zu den gut mit Nervenzellen
versorgten Blutgefäßen liegen. Die Forscher konnten jetzt beobachten, dass sich
die Prionen in Mäusen, bei denen ein bestimmtes Rezeptormolekül für einen
Boten- oder Signalstoff des Immunssystems, der Chemokinrezeptor CXCR5,
ausgeschaltet ist, mit einer verkürzten Latenzzeit im zentralen Nervensystem
nachweisen lassen.

Chemokine steuern die Zirkulation von Immunzellen und sind
auch für den räumlichen und funktionellen Aufbau der lymphatischen Organe
notwendig. Fehlt CXRC5, hat die Milz der Tiere keine B-Zonen. In diesen Zonen
der Milz werden normalerweise die B-Zellen für den Abwehrkampf fit gemacht.
Fehlen die B-Zonen, lagern sich die follikulären dendritischen Zellen um die
Zentralarterie der Milz an. Dort kommen sie in die Nähe von Nervenzellenendigungen.
Je enger und häufiger der Kontakt, desto wahrscheinlicher ist eine Prioneninfektion
der Nervenzellen, postulieren die Forscher. Je weiter die FDCs von den
Nervenzellen räumlich getrennt sind, desto geringer ist offenbar eine
effiziente Infektion.

 Möglicherweise erklärt diese Erkenntnis
auch, weshalb beim Menschen die Inkubationszeit – die Zeit von der Infektion
bis zum Ausbruch der Erkrankung – etwa bei der sporadischen
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, Jahrzehnte, bei der wahrscheinlich durch den
BSE-Erreger ausgelösten neuen Variante der Erkrankung, nur wenige Jahre dauern
kann. Ziel der Forscher ist es jetzt, Wege zu finden, den Erreger in der
Peripherie in Schach zu halten und seine Ausbreitung durch das Immunsystem
sowie das periphere Nervensystem in das Gehirn zu verhindern.

The
distance between follicular dendritic cells and nerves controls prion
neuroinvasion

Marco Prinz1*†, Mathias Heikenwalder1*,
Tobias Junt2, Petra Schwarz1, Markus Glatzel1, Frank L. Heppner1, Yang-Xin Fu3,
Martin Lipp4 & Adriano Aguzzi1

1Institute of Neuropathology, and 2Institute of Experimental Immunology,UniversityHospital
of Zürich, Schmelzbergstrasse 12, CH-8091 Zürich,
Switzerland

3Department of Pathology and Committee on Immunology, The University of
Chicago, 5841 S. Maryland, Chicago, Illinois 60637, USA

4Department of Molecular Tumor Genetics and Immunogenetics,  Max
DelbrückCenter
for Molecular Medicine (MDC), Robert Rössle Strasse 10,

13092 Berlin, Germany

* These authors contributed equally to this work

† Present address: Institute of
Neuropathology,
Georg-August-University Göttingen, Göttingen,
Germany

Correspondence and requests for materials should be addressed to A.A.

(adriano@pathol.unizh.ch).

Barbara Bachtler

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