Gemeinsames Muster bei Motoneuron-Erkrankungen
Fast alle Tätigkeiten, die wir ausüben – von so einfachen Dingen wie Lesen bis zu hochgradig koordinierten Bewegungsabläufen im Sport – werden durch Motoneuronen möglich gemacht, die unser Hirn mit den Skelettmuskeln im gesamten Körper verbinden. Etwa jeder 300. Mensch erleidet irgendwann im Leben eine degenerative Erkrankung dieser wichtigen Nerven, die zu fortschreitender Lähmung und schweren körperlichen Einschränkungen führen kann. Dr. Marina Chekulaeva, Leiterin eines Forschungsteams am Berlin Institute of Systems Biology (BIMBS) des MDC, ist überzeugt, dass viele Arten von Motoneuron-Erkrankungen sich auf dieselbe Gruppe zellulärer Defekte zurückführen lassen. Mit Hilfe einer umfangreichen EU-Forschungsförderung wird die Wissenschaftlerin jetzt ein internationales Konsortium zur Erforschung dieser gemeinsamen Mechanismen ins Leben rufen.
„Auslöser der pathogenen Prozesse, die zu Motoneuron-Erkrankungen führen, sind oft Anomalien beim Splicing der RNA-Moleküle, durch das die Zelle verschiedene Protein aus demselben Gen erstellt, oder beim Transport der RNA-Moleküle an ihren zellulären Bestimmungsort“, so Dr. Chekulaeva. „Weitere Problembereiche sind Belastungen des so genannten endoplasmatischen Retikulums, einer Struktur, die eine große Anzahl an Proteinen verarbeitet, sowie Fehlfunktionen der ‚Zellenkraftwerke‘ oder Mitochondrien.“
Um festzustellen, wie genau diese Probleme zelluläre Prozessnetzwerke stören und so zur Entstehung von Motoneuron-Erkrankungen führen, bedarf es breitgefächerter Expertise. Unterschiedliche Fachkompetenzen zu bündeln ist ein zentrales Ziel der gemeinsamen EU-Initiative zur Bekämpfung neurodegenerativer Erkrankungen. Sie ist das größte globale Forschungsprogramm, das unter anderem den genannten Entstehungsbedingungen von Motoneuron-Erkrankungen gewidmet ist.
Über einen Zeitraum von drei Jahren werden im Rahmen der Initiative etwa 915.000 Euro bereitgestellt, um Dr. Chekulaevas Team mit wichtigen internationalen Partnern zu vernetzen. Als Koordinatorin des Projekts wird Dr. Chekulaeva die Forschungsarbeit ihres Teams zur RNA-Biologie mit der Computer-Fachkenntnis am Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel ebenso wie mit Untersuchungen neurogenerativer Erkrankungen in Mäuse- und Fliegenmodellen an der Radboud-Universität Nijmegen und mit klinischen Forschungen am ALS Clinical Research Center in Italien in Verbindung bringen.