Sitzen in der Schule
Eine passive Lebensweise schadet der Gesundheit. Das wissen wir, aber viele Details dieses Zusammenhangs sind noch unbekannt. Zusammen mit Lehrern und Schülern entwickelt nun ein Wissenschaftler-Team vom MDC verbesserte Methoden, um Inaktivität im Alltag besser zu erfassen.
Der moderne Mensch wird im Alltag häufig zu körperlicher Inaktivität gezwungen. In Bürojobs verbringen wir häufig Stunden nahezu bewegungslos vor dem Bildschirm und am Abend entspannen wir vor dem Fernseher. Auch Kinder werden dazu angehalten, möglichst lange stillzusitzen. Dabei hängt ein körperlich passiver Lebensstil mit Krankheiten zusammen, zum Beispiel Diabetes, Fettleibigkeit oder vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Um den Risikofaktor „körperliche Inaktivität“ in der Bevölkerung zu erfassen, müssen geeignete Methoden entwickelt werden. Dieser Aufgabe stellt sich das Wissenschaftler-Team um Prof. Tobias Pischon, das sich schon im Rahmen der Großprojekts „Nationale Kohorte“ an der Untersuchung der Lebensgewohnheiten vieler Tausend Menschen beteiligt. Das Team will nun das Sitzverhalten von Kindern und Jugendlichen erforschen und entwickelt dafür ein System zur Erfassung von körperlicher Betätigung über einen längeren Zeitraum. Das besondere an der Studie: Die Wissenschaftler arbeiten mit Lehrern und Schülern von vier Berliner Schulen zusammen – dem Andreas-Gymnasium, dem Robert-Havemann-Gymnasium, dem OSZ Gesundheit und dem Georg-Büchner-Gymnasium.
Die Datenbasis für die Studie liefern Bewegungs- und Beschleunigungssensoren, die an Oberschenkel und Gürtel der freiwilligen Probanden eine Woche lang jede Bewegung aufzeichnen. Die Forscher werten die Daten anschließend pseudonymisiert aus und stellen sie den Probanden wieder zur Verfügung.
Anders als in vergleichbaren Studien, spielen die teilnehmenden Lehrkräfte hier eine aktive und entscheidende Rolle: zunächst wurden sie in der Durchführung epidemiologischer Studien fortgebildet, danach haben sie gemeinsam mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einen Fragebogen entwickelt, der einen integralen Bestandteil der Studie darstellt, und abschließend werden sie an der Auswertung der Studie beteiligt sein. Mit diesen Erfahrungen werden die Lehrkräfte befähigt, später eigene Studien mit Schülerinnen und Schülern als Teil des Unterrichts durchzuführen. Das Projekt soll daher einen doppelten Nutzen haben: neben der Gewinnung wertvoller Daten geht es um die direkte Vermittlung von moderner Wissenschaft. Kinder und Jugendliche sollen, so hoffen die Beteiligten, ein tieferes Verständnis für epidemiologische Studien entwickeln – und damit auch eine höhere Bewertungskompetenz.
Das vom Bund finanzierte Forschungsprojekt ist einerseits in das europaweit laufende multidisziplinäre DEDIPAC-Netzwerk eingebettet, das Ernährungs- und Bewegungsverhalten in der Bevölkerung erfassen möchte und anderseits in das nationale Projekt „Teachers & Scientists“, das von Jugend forscht und Science on Stage gemeinsam ins Leben gerufen wurde.
Kontakt
Josef Zens
Pressesprecher
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