Meditation im Museum
Im Raum 124 des Bode-Museums in Berlin-Mitte liegen seit einigen Wochen dicke Meditationskissen auf dem Boden. Sie und eine eigens dafür aufgestellte Bank sollen die Besucher*innen dazu einladen, durch Meditationen und Achtsamkeit die Sorgen und Ängste des Alltags hinter sich zu lassen und so die eigene psychische Gesundheit zu stärken.
Das Projekt trägt den Namen „Das heilende Museum – Achtsamkeit und Meditation im Kunstraum“ und ist entstanden durch eine Kooperation des Bode-Museums mit dem Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung von Charité – Universitätsmedizin Berlin und Max Delbrück Center.
Ein Buddha und ein Papst
Verteilt im Raum sind auch ein Gemälde und sieben Skulpturen, etwa ein im Meditationssitz ruhender Buddha aus Schiefer und eine Bronzebüste von Papst Gregor VII. Sie alle sollen an die miteinander verflochtenen Meditationstraditionen des Buddhismus, Islams, Christentums und Stoizismus erinnern und sind zugleich Stationen für verschiedene Meditations- und Achtsamkeitsübungen.
Insgesamt acht Übungen, die sich zum Teil an Paare oder speziell an Kinder richten, lassen sich per Audioguide oder, naürlich mit Kopfhörern, auf dem Mobiltelefon anhören – über eigens dafür eingerichtete Internetseiten des Bode-Museums. Manche der Meditationen laden zum Sitzen ein, andere werden im Stehen oder Gehen praktiziert. Ein gemeinsames Ziel haben sie alle: Die Aufmerksamkeit der Museumsbesucher*innen soll sich vollständig auf das Hier und Jetzt konzentrieren.
Achtsam statt ängstlich
„Die Idee zu dem Projekt hatte die Kuratorin des Bode-Museums, María López-Fanjul, die ich schon länger persönlich kenne“, erzählt Professorin Carmen Infante Duarte, die am ECRC die Arbeitsgruppe „Angeborene Immunität & Neuroinflammation“ leitet. „Ich war sofort begeistert und habe daraufhin ein Treffen mit dem Direktorat des ECRC vermittelt.“ Umgesetzt haben die beiden Frauen das Konzept gemeinsam mit dem ECRC-Direktor Professor Friedemann Paul, der auch die zu dem Zentrum gehörende Hochschulambulanz für Neuroimmunologie leitet. Paul begleitet das Projekt auf wissenschaftlicher Ebene.
„Unsere Patientinnen und Patienten leiden an bislang unheilbaren entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems, zum Beispiel Multipler Sklerose oder Neuromyelitis optica, und sind psychisch dadurch oft sehr belastet“, sagt Paul. „Sie machen sich Sorgen, welchen Verlauf ihre Krankheit nehmen wird und wie sich die krankheitsbedingten Einschränkungen beruflich und privat auf ihr Leben auswirken werden.“ Manche von ihnen würden Schlafstörungen oder sogar Depressionen entwickeln.
Die psychischen Begleiterscheinungen von neuroimmunologischen Erkrankungen sind Paul zufolge bisher weder ausreichend erforscht noch gut behandelbar. Hier setzt die Idee des heilenden Museums an: „Wir bieten unseren Patientinnen und Patienten den Museumsbesuch kostenlos an, so dass sie dort Meditationen und Achtsamkeitsübungen machen können – in der Hoffnung, dass sich ihr psychischer Zustand und womöglich sogar die Symptome der eigentlichen Erkrankung bessern“, erläutert der Mediziner.
Die erste Studie läuft
Eine kleine Studie zu dem Ansatz, die vom Freundeskreis der Charité finanziert wird, ist bereits angelaufen. „Derzeit haben wir die Möglichkeit, etwa 50 bis 100 Proband*innen den Besuch des heilenden Museums zu ermöglichen, sie vorher und nachher zu ihren krankheitsbedingten Belastungen zu befragen und die Ergebnisse wissenschaftlich auszuwerten“, sagt Paul. Er hoffe, dass man weitere Mittel akquirieren könne, um mehr Menschen die Teilnahme an der Studie zu ermöglichen.
Das heilende Museum steht aber nicht nur Patient*innen offen. Alle Menschen, die dem alltäglichen Stress entfliehen und zur Ruhe kommen möchten, sind eingeladen, die angeleiteten Meditationen und Achtsamkeitsübungen hier zu praktizieren und so für sich selbst und die eigene seelische Gesundheit zu sorgen. Um das Angebot einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen, stellt das Bode-Museum im ersten Jahr des Projekts insgesamt 2000 Freikarten zur Verfügung. Sie lassen sich im Internet erwerben.
Text: Anke Brodmerkel
Weitere Informationen
Das heilende Museum – Achtsamkeit und Meditation im Kunstraum
Bode-Museum, Am Kupfergraben (Eingang über die Monbijoubrücke), 10178 Berlin
Öffnungszeiten: Mi - Fr 10 - 17 Uhr, Sa + So 10 - 18 Uhr
Freitickets und weiterführende Informationen: Das heilende Museum