Ein großer Moment, gemeinsam gefeiert
Keine Laufbahn gleicht der anderen. Und doch teilen wir Doktorand*innen alle ähnliche Erfahrungen: Frustrationen, Durchbrüche und Experimente, die einfach nie ganz so verliefen, wie geplant. Wir haben uns nicht nur das Recht verdient, „Dr.“ in unsere E-Mail-Signatur zu schreiben, sondern auch ein stilles Verständnis als Promovierende füreinander entwickelt. Anders als die Verteidigung, bei der man allein im Rampenlicht steht, würdigte die Promotionsfeier unsere Leistung als Gemeinschaft – eine Gelegenheit, sich wiederzusehen, zurückzublicken und zusammen zu feiern.
Vertraute Gesichter
Als ich mich im Foyer des Berliner Instituts für Medizinische Systembiologie, das festlich mit schwarz-goldenen Luftballons geschmückt war, unter die Gäste mischte, wurden viele Erinnerungen an die vergangenen Jahre wach. Ich entdeckte vertraute Gesichter aus unterschiedlichen Etappen meiner Promotionszeit: Wegbegleiter*innen, die ich als Mitfahrende aus dem Bus kannte, eine Person aus den mühsamen A1-Deutschstunden, jemanden, der Yoga-Kurse angeboten hat (an denen ich eigentlich öfter hätte teilnehmen sollen), eine Bekanntschaft aus dem Auswahlgespräch der Graduiertenschule – und schließlich eine Person von der Promovierendenvertretung, mit der ich später eine Wohnung geteilt und eine enge Freundschaft geschlossen habe. Da wurde mir nochmal bewusst, wie sehr unsere Projekte zwar für sich stehen und unsere Labore weit verstreut sind – aber die Promotionszeit am Max Delbrück Center dennoch ein Gemeinschaftserlebnis ist, das sich tief einprägt.
Die Promotionszeit als Gemeinschaftserlebnis: Absolvent*innen am Max Delbrück Center im Jahr 2025.Doctoral training as a shared experience: graduates at the Max Delbrück Center in 2025.
Erste Reihe von links: Merve Alp, Wai Yee Chung, Simone Del Giudice, Maria Berruezo
Hintere Reihe von links: Mirjam van Bentum, Kerstin Fentker, Anita Waltho, Margherita Zaupa, Christian Stadelmann, Clara Vázquez García, Somesh Sai, Seren Necla Sevim Wunderlich, Sayaka Dantsuji, Mostafa Berangi
Michael Gotthardt, Leiter der Arbeitsgruppe für Translationale Kardiologie und Funktionelle Genomforschung, eröffnete die Feier und schuf seinen klugen Gedanken und oft auch witzigen Einwürfen eine warme, entspannte Atmosphäre. In ihrer Festrede zog Francesca Spagnoli, ehemalige Forschungsgruppenleiterin am Max Delbrück Center, einen überraschenden Vergleich: Wissenschaftliche Entdeckungen seien wie eine Graffiti-Mauer in Berlin – jeder Schriftzug sei eine neue Wissensebene, die auf der vorherigen aufbaut. Sie ermutigte uns, die eigene Promotion als Teil dieses kreativen Prozesses zu sehen und uns selbst als Akteur*innen in der Welt der Forschung.
Einblicke mit Augenzwinkern
Dann folgten zweiminütigen Reden, in denen die Promovierenden gewürdigt und die Zertifikate der Graduiertenschule feierlich überreicht wurden. Betreuende oder Kolleg*innen blickten zurück auf besondere Momente und zeigten Fotos, die den individuellen Weg aller einzelnen Geehrten illustrierten: von Marathonläufer*innen bis zu jemandem, der im Winter wie ein „laufender Schlafsack“ gekleidet war, von wissenschaftlichen Erfolgen bis zu Sangria-Rezepten und eigentümlichen Voodoo-Ritualen im Labor – wir erhielten warmherzige, humorvolle und sehr persönliche Einblicke in die individuellen Geschichten hinter den Titeln.
Anita Waltho während der Abschlussfeier.
Besonders bewegend war die Würdigung von Sayaka Dantsuji und Keziban Merve Alp, die während ihrer Promotionszeit Mütter wurden. Als ich an der Reihe kam, hatte ich mich schon auf eine ordentliche Portion an Peinlichkeiten eingestellt – meine Mitabsolventin Mirjam van Bentum, die zusammen mit meinem Professor Thomas Sommer den Beitrag über mich vorbereitet hatte, flüsterte mir vorab zu: „Es ist nicht besonders wissenschaftlich …“ Doch ihre Worte über meine Aktivitäten in der Wissenschaftskommunikation und meine Ausflüge in die Comedywelt haben mich sehr gerührt – ergänzt haben sie das mit dem Foto von meiner „Ballonlippe“ nach einem Wespenstich bei einer After Hour.
Wie bei jeder Promotionsfeier am Max Delbrück Center wählten die Gäste den originellsten Doktorhut. Die fantasievollen Kopfbedeckungen – meist selbst gebastelte Kartonkreationen, geschmückt mit Fotos, bunten Eppendorf-Röhrchen oder auch größeren Aufbauten – werden traditionell von Kolleg*innen aus dem Labor gestaltet und sind eine persönliche Hommage an den oder die Promovierende*n. Den ersten Platz sicherte sich der Somesh Sai, der hoch geschätzte PhD-Repräsentant, und das natürlich völlig zu Recht.
Abschied
Bevor wir uns dem Buffet mit Köstlichkeiten aus der Levante-Küche zuwendeten, verabschiedeten wir uns mit herzlichem Dank von Michaela Herzig, die ihre Rolle als Leiterin des Graduiertenbüros aufgibt. Ihre Unterstützung war für uns Doktorand*innen von unschätzbarem Wert – oft leise, aber stets verlässlich.
Michaela Herzig wird mit Blumen verabschiedet. v.l.n.r.: Jean-Yves Tano, Daniella Tamayo Correa, Begüm Yasar, Michaela Herzig, Michael Gotthardt und Hanna Singer
Nach vielen inspirierden Gesprächen und ein paar Gläser Prosecco machten wir uns an die dreistöckige Torte – gesponsert vom Freundeskreis des Max Delbrück Center. Ihr Anschnitt erwies sich als wackelige Fünf-Personen-Aktion: „Wie viele Promovierte braucht man, um eine Torte zu schneiden?“, scherzten wir.
Wie es sich für eine gelungene Feier gehört, endete der Abend mit der Einladung, Reste mit nach Hause zu nehmen. Und so machte ich mich – im Herzen noch immer Doktorandin – auf den Weg in den Berliner Abend: mit einer Tupperdose voller Essen, einem Bündel Luftballons für einen Geburtstag im Freundeskreis und dem tiefen Gefühl von Stolz, Dankbarkeit und Verbundenheit.
Text: Anita Waltho