Was ist eigentlich eine „normale“ Niere?
Professor Niendorf, seit 2014 untersuchen Sie jeden Tag acht bis zehn Probandinnen und Probanden mithilfe der Magnetresonanztherapie (MRT). Hinzu kommen die Messungen, die in vier weiteren MRT-Zentren für die Nationale Kohorte erhoben werden. Wofür nutzen Sie diese riesigen Datenmengen?
Thoralf Niendorf: Wir werden bald die Daten zur Niere von insgesamt 15.000 MRT-Probandinnen und Probanden der Nationalen Kohorte (NAKO) auswerten. Dazu benötigen wir Verfahren zur künstlichen Intelligenz . Wir entwickeln anhand von 200 Trainingsdatensätzen einen Algorithmus zum Maschinellen Lernen, um die Größe der Niere automatisch zu bestimmen und anschließend Normwerte in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht und Gewicht abzuleiten. Der Algorithmus wird also auf die restlichen Datensätze „losgelassen“. Bei einer so großen Kohorte verfügen wir erstmals über belastbare Referenzwerte: Die schiere Menge der Daten schafft hier die statistische Power, um Normwerte ableiten zu können.
Gibt es weitere Pläne zur Datenauswertung?
TN: Ja. Mein Kollege Professor Tobias Pischon, der das NAKO-Studienzentrum am MDC leitet, will Normwerte für die Funktionen des Herzens bestimmen. So sind beispielsweise Herzmasse oder Herzvolumen zentrale Größen, um in der Klinik die Herzleistung einzuschätzen. Normwerte sind dabei wichtig für eine genauere Prognose. Wenn die Werte eines Patienten problematisch sind, also von den Normwerten abweichen, erleichtert dieses Wissen beispielsweise eine Aussage darüber, ob eine Herzinsuffizienz droht.
Die Menschen, die an der NAKO teilnehmen, leisten mit diesem Engagement einen riesigen Beitrag für die Gesundheitsforschung in Deutschland
Frau Anacker, Sie sind heute als 5.000 MRT-Probandin zum ersten Mal zur Basisuntersuchung ans MDC gekommen. Wie sind Sie NAKO-Teilnehmerin geworden?
Anett Anacker: Ich habe im Mai und Juni zwei Briefe mit Einladungen erhalten, an der NAKO teilzunehmen. Der erste ist irgendwie untergegangen, beim zweiten dachte ich: ‚Ach, das kann man ja machen‘.
Warum haben Sie zugestimmt?
AA: Dem Brief konnte ich nicht so genau entnehmen, worum es geht. Deswegen habe ich bei der NAKO angerufen und mich erkundigt, welche Untersuchungen gemacht werden sollen. Die Tests fand ich interessant. Außerdem war ich neugierig, wie es um meinen Gesundheitszustand bestellt ist.
Professor Niendorf, warum ist es so wichtig für die NAKO und für das MDC, dass Probandinnen wie Annett Anacker bereit sind, bei der Kohorte mitzumachen?
TN: Die Menschen, die an der NAKO teilnehmen, leisten mit diesem Engagement einen riesigen Beitrag für die Gesundheitsforschung in Deutschland. Und das MDC profitiert in mehrfacher Hinsicht davon, Teil der NAKO zu sein. Zum einen erhöht sich die Sichtbarkeit des Zentrums, die Reputation steigt. Zum anderen ist es äußerst wichtig für die translationale Forschung am MDC. Deswegen sind wir sehr dankbar, dass Frau Anacker und viele weitere Menschen aus Berlin und Brandenburg sich bereiterklärt haben, bei der NAKO mitzumachen.