Sind Tierversuche wirklich noch nötig? Die Initiative „Tierversuche verstehen“ hat mehr als hundert Antworten von Forscher*innen, Tierpflegenden und Institutsleitungen in Deutschland gesammelt – auch bei uns am Max Delbrück Center.
Wenn es eine adäquate Alternative zum Tierversuch gibt, muss sie genutzt werden. Gibt es sie aber nicht, müssen die Versuche mit möglichst wenig Tieren und unter möglichst tiergerechten Bedingungen stattfinden. Das „3R-Prinzip” ist für Forschende selbstverständlich – und gesetzlich vorgeschrieben. Die R stehen für die englischen Begriffe Replace (Ersetzen von Tierversuchen), Reduce (Reduzieren der Tierzahl) und Refine (Verbessern der Haltungs- und Versuchsbedingungen).
Doch warum sind Tierversuche aus Sicht von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nötig? Das hatte das Max Delbrück Center bereits im Jahr 2020 mehr als 40 Forschende gefragt. Viele von ihnen sind jetzt auch bei den Statements für „Tierversuche verstehen“ dabei. An der aktuellen Aktion haben sich Forschende, Tierpflegende und Institutsleitungen von Universitäten und Instituten aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt.
Ein Auszug
„Jede*r Fünfte hat mindestens einmal im Leben längere Zeit chronische Schmerzen, die nicht adäquat behandelbar sind. Zellen und Organoide empfinden jedoch keinen Schmerz. Nur mit Hilfe von Tiermodellen kann man Angriffspunkte für neuartige Wirkstoffe entdecken.“
„Wir entwickeln komplexe Organoide aus Stammzellen, um neuromuskuläre Leiden zu erforschen. Die Organoide reduzieren die Zahl der Tierversuche, können sie aber nicht ersetzen. Systemische Medikamenten-Wirkungen müssen erst am Tier und dann am Menschen getestet werden.“
„Erkrankungen des Gehirns sind folgenschwer und kostspielig, Heilung gibt es selten. Wir müssen verstehen, wie das Gehirn als Ganzes funktioniert. Das kann noch nicht auf einem Supercomputer oder in der Petrischale nachgeahmt werden – Tierversuche sind weiter notwendig.“
„Wir entwickeln Immuntherapien gegen Krebs. Doch wie finden die T-Zellen ihr Ziel? Können wir Nebenwirkungen vermeiden? Diese Fragen in einem komplexen Organismus zu beantworten, ist ein unerlässlicher Schritt vor der Verträglichkeitsprüfung an Patient*innen.“
„Krankheitsmechanismen und neue Therapien findet die Systembiologie mithilfe von „Big Data“ menschlicher Proband*innen. Aber Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Die Ergebnisse müssen an Tieren validiert werden, bevor wir auf der Basis Patient*innen behandeln.“
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