Preis für Präeklampsie-Forscherin
Dr. Nadine Haase sucht nach Lösungen für ein medizinisches Problem, für das es bislang keine effektive Therapie gibt: Bei etwa drei bis fünf Prozent aller Schwangerschaften in den westlichen Ländern erkranken die Frauen meist im Laufe des zweiten Trimesters ihrer Schwangerschaft an Präeklampsie. Durch plötzlich auftretenden Bluthochdruck und eine vermehrte Eiweißausscheidung mit dem Urin, kommt es zu dieser Schwangerschaftserkrankung, die auch häufig zu Frühgeburten führt. Eine vorzeitige Entbindung ist oft der einzige Weg Mutter und Kind zu retten.
„Auch Frauen, die bereits vor ihrer Schwangerschaft unter Bluthochdruck leiden, bekommen Probleme mit ihren Medikamenten. Denn alle Blutdrucksenker, die in das Renin-Angiotensin-Aldosterol-System (RAAS) eingreifen, welches den Flüssigkeits-und Elektrolythaushalt reguliert, dürfen während der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Sie sind embryotoxisch“, sagt Haase. Alternativen wie etwa Methyldopa sind bei Präeklampsie hingegen oft kaum wirksam. Haase, selbst Mutter einer Tochter, forscht seit 2011 in der Arbeitsgruppe „Hypertonie-vermittelter Endorganschaden“ der Professoren Dominik Müller und Ralf Dechend am Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung des Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
Alle Blutdrucksenker, die in das Renin-Angiotensin-Aldosterol-System (RAAS) eingreifen, welches den Flüssigkeits-und Elektrolythaushalt reguliert, dürfen während der Schwangerschaft nicht eingenommen werden.
Mit dem Preis für Hypertonie-Forschung, der mit 3.000 Euro dotiert ist, zeichnet die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) herausragende Wissenschaftler*innen unter 45 Jahren auf dem Gebiet der Hypertensiologie aus. „Ich fühle mich sehr geehrt, zumal ich mich erst auf Anfrage der DGfN für den Preis beworben habe“, sagt die Forscherin. Ausgezeichnet wurden ihre präklinischen Studien an trächtigen Ratten, bei denen sie mithilfe von small interferring RNA (siRNA) die Synthese des Hormons Angiotensinogen, der Vorstufe des Angiotensins, in der Leber blockierte. Bei den Tieren waren zuvor künstlich die Symptome einer Präeklampsie ausgelöst worden. Nach der Behandlung sank ihr Blutdruck, weniger Eiweiße waren im Urin und die Föten wuchsen normal weiter.
SiRNAs sind nur 20 bis 25 Basenpaare lange Ribonukleinsäure-Moleküle, die gezielt an der Messenger-RNA andocken und so das Ablesen eines bestimmten Gens verhindern. Bei der neuen Behandlungsform handelt es sich nicht um eine klassische Gentherapie, denn das Gen, was für Angiotensinogen kodiert, wird nicht verändert, sondern nur vorübergehend blockiert. Der Wirkstoff, der von Alnylam Pharmaceuticals in Cambridge (Massachusetts) hergestellt wird, wurde den Tieren dazu regelmäßig unter die Haut gespritzt.
Haase plant nun weitere präklinische Studien zur Präeklampsie – auch mit anderen Industriepartnern. „Wir sind auf der Suche nach weiteren neuen Therapiemöglichkeiten.“ Außerdem will sie gemeinsam mit Kooperationspartnern in Norwegen und Österreich die Wirksamkeit klassischer Medikamente, die bisher bei Präeklampsie eingesetzt wurden, auf den Prüfstand stellen. „Studien mit Methyldopa zum Beispiel gab es zuletzt in den 1980er-Jahren. Wir wollen unter anderem wissen, wie sinnvoll der Einsatz des Medikaments überhaupt noch ist, dessen Therapieerfolge ja ohnehin nur marginal sind.“ Fördergelder für dieses Projekt wurden vom Europäischen Netzwerk für Herz-Kreislauf-Erkrankungen („ERA-NET Cardiovascular Diseases“, kurz: ERA-CVD) bewilligt.
Text: Catarina Pietschmann
Weiterführende Informationen
Ein möglicher Wirkstoff gegen Präeklampsie