Thomas Sommer

Zwischen Berlin und Haifa

Der Zellbiologe Thomas Sommer, kommissarischer Wissenschaftlicher Vorstand des MDC, feiert am 23. Mai seinen 60. Geburtstag. Wir gratulieren.

Seit 1993 forscht Thomas Sommer am Max-Delbrück-Centrum, und seit Anfang dieser Woche führt der international renommierte und gut vernetzte Zellbiologe das MDC zum zweiten Mal als Wissenschaftlicher Vorstand (kommissarisch). Ein aufregenderes Geburtstagsgeschenk hätten man dem Berliner Wissenschaftler wohl nicht machen können: Thomas Sommer wird an diesem Donnerstag 60 Jahre alt! 

Am Centrum wird Sommer sehr geschätzt – als Forscher, als Manager, als Netzwerker, Kollege und Förderer von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Er sei nahbar und zugänglich, heißt es über Sommer. Viele Jahre war er der gewählte Ombudsmann für Doktorandinnen und Doktoranden, ein Posten, der viel Vertrauen voraussetzt. Lange bürokratische Sitzungen mag dieser Mann nicht, er geht lieber pragmatisch vor und gilt dabei als effektiv, strukturiert und gut organisiert. 

Gut vernetzt in der Wissenschaftscommunity

Thomas Sommer ist ein Kind West-Berlins. Hier ging er zur Schule, hier promovierte er 1988 zum Dr. rer. nat am Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik und an der Freien Universität. Nach einem Aufenthalt in Tübingen (1989-1993), wo er als Postdoktorand am Friedrich-Miescher-Institut der Max-Planck-Gesellschaft forschte, zog es ihn zurück in die Hauptstadt.  

Seit 1993 leitet Sommer am MDC in Buch eine Forschungsgruppe zur „Intrazellulären Proteolyse“. Etliche von Sommers Erkenntnissen haben längst ihren Weg in die Lehrbücher gefunden. Proteine sind in unserem Körper für nahezu alles zuständig: Sie sind Baustoff der Zellen, transportieren den Sauerstoff im Blut, kontrollieren den Stoffwechsel und vieles mehr. Hergestellt wird diese Vielfalt lebenswichtiger Proteine an kleinen molekularen Maschinen, den Ribosomen. Dabei passieren oft Fehler, sodass die Proteine zum Beispiel falsch gefaltet werden. Hinzu kommen intakte Proteine, die ihre Aufgabe erfüllt haben und nun überflüssig sind. Bevor sie das Gleichgewicht in den Zellen durcheinanderbringen können, kommt die Müllabfuhr.  

Für den Organismus ist es lebensnotwendig, dass schadhafte oder überflüssige Proteine markiert und schließlich im Proteasom, dem Schredder der Zelle, in ihre Bestandteile zerlegt und recycelt werden. Fällt diese Entsorgung aus oder funktioniert nicht richtig, können schwere Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Huntington entstehen. Zentral dabei ist das Peptid Ubiquitin, das im Fokus von Thomas Sommers Forschung steht. Ubiquitinketten funktionieren wie ein Etikett an fehlerhaften Proteinen: „Das muss in den Müll“. Der Prozess der Entsorgung gehört zu den wichtigsten in der Zelle.

Seit 2006 hält Sommer eine Honorarprofessur an der Charité, und seit 2009 ist er Inhaber eines Lehrstuhls für Zelluläre Biochemie an der Humboldt-Universität zu Berlin. In der Berliner Wissenschaftscommunity und -politik ist der Biologe gut vernetzt, er kennt und schätzt die wichtigen Akteure, und sie kennen und schätzen ihn.  

Deutsch-israelische Freundschaft 

Thomas Sommer

Das bedeutet nicht, dass Sommer nicht auch auf nationalem und internationalem Parkett reüssiert. Sommer ist ein Wegbereiter der deutsch-israelischen Forschungsfreundschaft innerhalb der Helmholtz-Organisation. Seit vielen Jahren pflegt er enge Verbindungen zu Forscherinnen und Forschern in Israel. Mit Professor Aaron Ciechanover (Technion, Haifa) hat er nicht nur im Labor an Ubiquitin gearbeitet, er ist mit dem Nobelpreisträger eng befreundet.  Auch mit Teams des Weizmann Institute in Rehovot und der Hebrew University in Jerusalem kooperiert er. 2012 wurde Sommer für mit den Wissenschaftspreis der Deutschen Technion-Gesellschaft gekürt. Seit 2017 ist er außerdem Lady Davis Visiting Professor am Technion – Israel Institute for Technology in Haifa. Er ist auch wissenschaftlicher Berater der German-Israeli Science Foundation (GIF).  

Seit 2003 arbeitet Sommer als Mitglied der Europäischen Organisation für Molekularbiologie (EMBO). Er engagiert sich im EU-LIFE-Verbund und sitzt im Vorstand des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK). Auch in der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ist Sommer aktiv: Dort war er Mitglied im Senatsausschuss für die Sonderforschungsbereiche. Seit 2018 ist er gewähltes Mitglied im Ausschuss zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Eine besondere Ehre und Verantwortung für jeden Wissenschaftler. 

Viele Posten, viel Arbeit und viel Engagement für einen, der von sich behauptet, er schlafe gerne etwas länger, koche gern und gut und genieße überhaupt das Leben. Die Wissenschaftswelt mit all ihren inspirierenden Ideen und Menschen gehört offensichtlich dazu. Das MDC hofft, dass das noch lange so bleibt. Alles Gute zum Geburtstag!