Wie sich die Herzen unterscheiden
Weltweit sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen Todesursache Nummer eins. Für manche Menschen ist das Risiko allerdings höher als für andere – Schwarze in den USA sind beispielsweise deutlich häufiger betroffen als Latinos. Neben der sozioökonomischen Ungleichheit beeinflusst anscheinend auch die genetische Prädisposition, wie die jeweilige Erkrankung verläuft und wie gut sie behandelt werden kann.
Aber was genau verbindet die ungleichen Risiken? Um diese Frage zu beantworten, wird der Human Heart Cell Atlas – koordiniert von Jonathan Seidman, Bugher Professor für Kardiovaskuläre Genetik an der Harvard Medical School und Professor Norbert Hübner vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) – zusätzlich die zellulären und molekularen Signaturen von gesunden Spenderherzen aus diesen Bevölkerungsgruppen charakterisieren. Dazu kooperiert das Projekt zusätzlich mit Partnern in Brasilien und Kanada, nicht zuletzt mit Professor Gavin Oudit vom Mazankowski Alberta Heart Institute von der Universität von Alberta.
„Afroamerikaner bekommen unter anderem seltener Arteriosklerose als Weiße, haben aber öfter koronare Herzerkrankungen. Sie haben öfter Bluthochdruck, aber seltener Herzrhythmusstörungen“, sagt Seidman, „Unsere These ist, dass sich auch das Zusammenspiel von Zelltypen und Zellzuständen unterscheidet und das Herz deshalb anders auf ganz normale Abläufe und Krankheit reagiert. Und das nicht nur bei Afroamerikaner*innen, sondern bei Menschen ganz verschiedener Herkunft.“
Der Ausgangspunkt ist das gesunde Organ
Auch hier ist unser Ausgangspunkt zunächst das gesunde Herz.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen das gesamte Spektrum der Herzzellen und ihre Genaktivität analysieren und dann mit den bereits vorhandenen Daten von Europäerinnen und Europäern vergleichen. „Auch hier ist unser Ausgangspunkt zunächst das gesunde Herz“, sagt Norbert Hübner vom MDC, der Charité – Universitätsmedizin Berlin, dem Berlin Institute of Health und dem DZHK in Deutschland. Hübner hat den Herzzellatlas gemeinsam mit Dr. Sarah Teichmann vom Wellcome Sanger Institute im britischen Cambridge, Jonathan Seidman und Christine Seidman, beide von der Harvard Medical School in Boston, und Dr. Michela Noseda vom Imperial College London vor rund drei Jahren ins Leben gerufen, um das Herz Zelle für Zelle zu verstehen.
Der Herzzellatlas gehört zur internationalen Initiative „Human Cell Atlas“ (HCA), die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geleitet wird. Die Chan Zuckerberg Initiative (CZI) fördert das Vorhaben als CZI Seed Network für den Human Cell Atlas. Für den Aspekt der Diversität erhöht die amerikanische philanthropische Organisation nun die Förderung. CZI finanziert Diversitätsprojekte von insgesamt zehn solcher Netzwerke zu verschiedenen Geweben und Organen, gab sie am 28.10.2020 bekannt.
„Es ist sehr wichtig, dass wir den Aspekt der Diversität beim Human Cell Atlas beachten, sodass wir aus historischen Versäumnissen und Verzerrungen in der Genomik lernen und daran wachsen können“, sagt Norbert Tavares, CZI-Programmmanager für Einzelzellbiologie. „Diese Projekte sind erst der Anfang einer langfristigen Berücksichtigung der Diversität im HCA. Als erste Pilotprojekte können sie zukünftige Ansatzpunkte für eine tiefere Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen aufzeigen.“
Weiterführende Informationen
- Bekanntmachung von CZI
- Pressemitteilung „Herzatlas mit Tiefenschärfe“
- Pressemitteilung „Mitten ins Herz“
Kontakte
Professor Norbert Hübner
Leiter der AG „Experimentelle Genetik von Herz-Kreislauferkrankungen“
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)
+49-30-9406-3512 (Sekretariat)
nhuebner@mdc-berlin.de
Jana Schlütter
Redakteurin, Abteilung Kommunikation
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)
+49(0)30-9406-2121
jana.schluetter@mdc-berlin.de
- Über die Chan Zuckerberg Initiative
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Die 2015 von Dr. Priscilla Chan und Mark Zuckerberg gegründete „Chan Zuckerberg Initiative“ (CZI) ist eine neue Art von Philanthropie. Sie nutzt Technologien, um einige der größten Herausforderungen der Welt zu lösen – wie Krankheiten zu bekämpfen, die Bildung zu verbessern und das Strafrechtssystem zu reformieren. In den drei Kernbereichen der Initiative, Wissenschaft, Bildung sowie Justiz und Chancen, verbindet CZI Technik mit Fördermitteln, wirkungsorientierten Investitionen sowie Politik- und Lobbyarbeit, um eine integrative, gerechte und gesunde Zukunft für alle aufzubauen. Weitere Informationen gibt es unter www.chanzuckerberg.com
- Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)
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Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den MDC-Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 60 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organübergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das MDC fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am MDC arbeiten 1600 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete MDC zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.