
Rolf Szymanski
“Anabase” und “Dresdner Frauen, Figur II”
Anabase, 1983, Eisen
Die Skulptur Anabase ist eine mächtige Frauengestalt.(...) An den Sinn des Wortes “Anabasis” erinnert allenfalls das wuchtige Aufsteigen der Form. Eine Frau steht uns gegenüber, gewaltig und voll vitaler Macht, ein Wald wie eine Landschaft, ein Körper voller Gebirge, Flußtäler, Niederungen, Wälder und Auen.” Eberhard Roters, 1989
Im Rahmen des Projektes “Skulpturenpark” konnte die Skulptur “Anabase” von Rolf Szymanski mit Hilfe der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin erworben werden. Die “Dresdner Frau” ist eine Leihgabe.
“Punkte, die sich zuvor an ganz entfernten Stellen auf der äußeren Hülle befanden und nichts miteinander zu tun hatten, ganz unterschiedliche Orte bezeichneten und nur durch Zurücklegen einer Strecke und damit im Ablauf von Zeit erreicht werden konnten, werden in der Implosion zur größtmöglichen Nähe und damit Gleichzeitigkeit gedrängt. Genau dieses außergewöhnliche, Gegensätzlichkeiten und Widersprüche zusammenbindende Ereignis war uns aber immer wieder in Szymanskis Plastiken begegnet: Daß sich in ihnen nicht Zusammengehörendes in der Gestalt des Fragments als zusammengehörig zeigte; daß die widersprüchlichsten Realitätsebenen in der einen Figur zwingend ein Ganzes bildeten, gerade auch in der Zerrissenheit der Form; daß das Intimste, erotische Begierden und Lüste, mit dem Öffentlichen und Geschichtlichen den engsten Zusammenhang eingehen, oder daß äußere Bereiche der Wirklichkeit mit individuellen sinnlichen Erfahrungen der Innenwelt verschmelzen. Das aperspektivische Sehen gibt sich als implodierendes zu erkennen. Die summarische Ungenauigkeit und die detail-genaue Präzision im Werk von Rolf Szymanski sind gerade in ihrer Dialektik dafür die treffende Entsprechung. Zur Implosion, in der Zeit und Raum zu elementarer Dichte zusammenstürzen, gehört aber auch zwingend, daß dies nur für den allerkürzesten Augenblick geschieht. Danach fliegen die Teile explosionsartig wieder auseinander. Szymanskis Plastiken erscheinen in ihrer Gleichzeitigkeit von erstarrter Bewegung und ihrer von drängender Energie erfüllten Materie wie in genau diesem Augenblick zwischen Zusammenballung und vulkanischem Ausbruch. Ist dies aber nicht auch die »Enge« der Gegenwart, zwischen Vergangenheit und Zukunft?”
Jörn Merkert, 1989
Biografie
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Ereignis |
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1928 | geboren in Leipzig |
1945-50 | Ausbildung Kunstgewerbeschule Leipzig |
1950-55 | Studium an der Hochschule für Bildende Künste, Berlin (West) |
1974-83 | Direktor der Abteilung Bildende Kunst |
und 1986-97 | der Akademie der Künste, Berlin (West) |
1983-86 | Vizepräsident der Akademie der Künste, Berlin (West) |
1986-96 | Professur an der Hochschule der Künste, Berlin |
1999 | Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste |
R. Syzmanski ist am 2. Dezember 2013 in Berlin gestorben.
Einzelausstellungen (Auswahl)
Jahr |
Ereignis |
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1961 | Kunstverein Heilbronn, Galerie d’Eendt, Amsterdam, Galerie Dorothea Loehr, Frankfurt a. Main jeweils mit HAP Grieshaber |
1962, 1978, 1980, 1982 | Galerie Brusberg, Hannover |
1964 | Kunst- und Museumsverein, Wuppertal |
1965 | Galerie Springer, Berlin |
1966 | Galerie Rothe, Heidelberg; Kunstverein Braunschweig |
1967 | Galleria Stendhal, Mailand; Overbeck-Gesellschaft, Lübeck |
1974/1980 | Galerie Brusberg, Hannover (mit Walter Stöhrer) |
1975 | Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf |
1979 | Galerie Brusberg, Hannover (mit Gerhard Altenbourg) |
1981 | Kunstverein Mannheim (mit Walter Stöhrer) |
1983 | Galerie Brusberg Berlin (mit Gerhard Altenbourg) |
1989 | Berlinische Galerie im Martin-Gropius-Bau, Berlin (mit Walter Stöhrer) |
1993 | Museum der bildenden Künste, Leipzig |
1995 | Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg, Städtische Museen Heilbronn, Gerhard Marcks-Haus Bremen |
1998 | Städtisches Museum + Galerie, Engen |
2002 | Galerie Brusberg Berlin (mit Walter Stöhrer) |
2003/2004 | Galerie Brusberg Berlin (mit Gerhard Altenbourg) |
2003/2005 | Rolf Szymanski und Emil Schumacher - Ein Bildhauer und ein Maler im Dialog, Verein Galerie Sebastianskapelle Ulm, Museum/Galerie im Prediger, Schwäbisch Gmünd Kunsthalle Erfurt |
Bis zum Sommer 2007 Ausstellung "Figuren im Park" in den DRK Kliniken Westend, Berlin
Dresdner Frauen, Figur II, 1995/96, Aluminiumguß, bemalt
„Stellen Sie sich vor die Figur und versuchen Sie, was Ihnen bei einem Menschen ein Leichtes ist, ihre ganze Gestalt zu imaginieren. Sich vorzustellen, wie jene Seiten von ihr aussehen, die Sie von Ihrem Standpunkt aus nicht sehen können. Versuchen Sie sich also vorzustellen, welchen Anblick sie Ihnen wohl bieten wird von der Seite, von halbrechts hinten, von hinten, und versuchen Sie sich ein komplettes, vollplastisches Bild von ihr zu machen, das alles freilich, ohne sich von Ihrem Standpunkt zu bewegen. Anschließend machen Sie die Probe aufs Exempel und umschreiten die Figur langsam und gleichen, was Sie sehen, mit dem ab, was Sie zu sehen erwartet haben. Kaum eine Ihrer Erwartungen wird eintreffen.“
Martin Schneider
Rolf Szymanski schreibt: „Ich fing im Jahre 1994 eine große „Figur in Höhe“ an. Was dann kam, wurde eine Verwandlung, die mich traf. Die Figur entwickelte sich und wurde ernster als gewollt. Sie ähnelte plötzlich immer mehr den beiden Figuren oberhalb Dresdens, von wo diese auf die Termitenstadt der Zerstörung blicken mussten. Hier trat meine Betroffenheit ein, als Konfrontation mit Wirklichkeit. Wenn man das nicht aushält, sind wir wie Kinder, die nicht auf die Straße dürfen.“
Edition Brusberg Berlin 2001, „Dresdner Frauen“ Stadtkirche Darmstadt, September 2001