📺 Erstes Digitalforum holt Forschungsnachwuchs ans MDC
Automatisierung und Digitalisierung haben im Labor – auch am MDC – längst Einzug gehalten und verändern viele Prozesse und Strukturen.
Welche Rolle spielt die Bioinformatik in der Krebsforschung? Wie trägt künstliche Intelligenz dazu bei, dass ein Programm Gesichter automatisch erkennen kann? Was für Studienangebote im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) gibt es? An zwei Tagen informierten sich Schülerinnen und Schüler aus dem nationalen Excellence-Schulnetzwerk MINT-EC und Preisträger*innen des Wettbewerbs „Jugend forscht“ auf dem Digitalforum am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) über Forschung und Berufe im Zeitalter der Digitalisierung. Neben dem MDC boten 15 weitere Unternehmen, Institute und Einrichtungen Workshops und Fachvorträge an.
„Automatisierung und Digitalisierung haben im Labor – auch am MDC – längst Einzug gehalten und verändern viele Prozesse und Strukturen. Auf dem Digitalforum möchten wir interessierten jungen Menschen einen authentischen Einblick in die medizinische Grundlagenforschung geben und zeigen, wie unsere Forscher*innen mit den neuen und spannenden Herausforderungen der Digitalisierung umgehen“, sagte Professorin Heike Graßmann, Administrative Vorständin am MDC.
Am zweiten Tag wurde es praktisch
Zwei Tage lang hatten die Jugendlichen Zeit, Infos und Angebote zu Studium und Beruf zu entdecken, theoretische Vorträge zu hören und an praktischen Workshops teilzunehmen. Den Auftakt des Forums machten die MDC-Arbeitsgruppenleiter Professor Oliver Daumke und Dr. Roland Schwarz mit Vorträgen über Membranproteine in Zellen und die Evolution von Krebszellen. Nicht nur Schülerinnen und Schüler aus dem Schulnetzwerk, auch „Jugend forscht“-Preisträger*innen, die für Biologie-Projekte ausgezeichnet wurden, hörten sich die Fachvorträge am ersten Tag an. Für Kerrin Bielser aus Hamburg, die im letzten Jahr ein Bioinformatik-Projekt bei „Jugend forscht“ einreichte, war die Präsentation über Mikrobiom-Analysen ein Highlight des Forums: Die Referentin Theda Bartolomaeus erklärte, wie sie und ihre Kolleg*innen verschiedene Bakterien aus dem Darm mit Hilfe von DNA-Datenbanken identifizieren. „Die Genomsequenz eines unbekannten Keimes vergleichen wir mit Hilfe von bioinformatischen Methoden mit Sequenzen von bekannten Mikroorganismen“, sagte die Doktorandin aus der Arbeitsgruppe von Dr. Sofia Forslund am MDC und ECRC. Die Sequenzdaten von vielen Bakterien hätten Forschende aus aller Welt auf digitalen Datenbanken zusammengetragen und jeder Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin könne online darauf zugreifen. Bartolomaeus ist überzeugt: „Ohne die Digitalisierung könnte unser Labor gar nicht arbeiten.“
Praktisch wurde es am zweiten Tag. In ganz Berlin fanden 26 Workshops für Schülerinnen und Schüler aus dem MINT-EC-Schulnetzwerk statt. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) etwa ließ gemeinsam mit den Teilnehmenden Seerosen in einem virtuellen Teich wachsen und die Siemens AG machte die Jugendlichen zu Tanzlehrer*innen für Roboter. In mehreren MDC-Arbeitsgruppen durften jeweils ein bis zwei Jugendliche unter Anleitung der Forschenden selbst Experimente im Labor durchführen.
Die Schülerin Johanna Beining war am Institut für Medizinische Systembiologie (BIMSB) des MDC, in der Arbeitsgruppe von Dr. Michael Kaminski zu Gast. Dort wies sie mit einem CRISPR-Diagnostiktest ein mutiertes Gen nach, das Nierenerkrankungen auslösen kann. „Es war toll, dass ich am Ende des Tages ein eindeutiges Ergebnis hatte. Mit Hilfe dieser CRISPR-Cas Methode konnte ich das Gen tatsächlich in einer Probe identifizieren“, sagt die 18-jährige Schülerin aus Trier, die nach dem Abitur biomedizinische Chemie in Mainz studieren möchte. Forschende aus den Arbeitsgruppen von Dr. Roland Schwarz, Dr. Dario Jesus Lupianez Garcia, Professor Uwe Ohler, Dr. Altuna Akalin, Professor Nikolaus Rajewsky, Dr. Jana Wolf, Dr. Sofia Forslund, Professor Norbert Hübner und Professor Matthias Selbach betreuten ebenfalls Jugendliche aus dem MINT-EC-Schulnetzwerk für einen Tag im Labor.
Auch für die „Jugend forscht“ Preisträger*innen wurde es praktisch. Sie besuchten die Berlin Ultrahigh Field Facility (B.U.F.F) und besichtigten einen 7-Tesla-Magnetresonanz (MR)-Scanner. Unter dem Mikroskop sahen sie in den Arbeitsgruppen von Professor Oliver Daumke und Professor Walter Birchmeier Proteinkristalle und Nierenorganoide – winzige Organvorstufen, entstanden aus Stammzellen. „Besonders die Laborarbeit in Kleingruppen war spannend“, fand Jolanda Schumann aus Berlin. Alle Preisträgerinnen durften im Labor Proteine mit Hilfe von Affinitätschromatographie voneinander trennen – eine Methode, die ein einzelnes Molekül aus einer Lösung mit Hilfe einer spezifischen Bindungseigenschaft isoliert. „So konnten wir die einzelnen Themen und Methoden, wie die Aufreinigung von Eiweißen und die Kristallographie, noch einmal ganz anders kennenlernen.“
Abendveranstaltung und Wettbewerb
Zeit um sich auszutauschen hatten die MINT-EC-Schülerinnen und Schüler am Freitagabend während eines gemeinsamen Abendessens. Bei der Abschlussveranstaltung stimmten alle Teilnehmenden im Saal für das beste englischsprachige Video ab. Der Videowettbewerb von MINT-EC und British Council soll Jugendliche motivieren, sich auch in den MINT-Bereichen mit der englischen Sprache auseinanderzusetzen. Den ersten Preis erhielten eine Schülerin und ein Schüler der German International School Washington D.C mit einem Erklärvideo, das die gesundheitlichen Folgen der Essgewohnheiten von US-amerikanischen Kindern und Jugendlichen thematisiert.
Das „Jugend forscht“-Preisträgertreffen und das Digitalforum fanden 2020 zum ersten Mal am MDC statt. Die Veranstaltung von MINT-EC wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und durch das MDC gefördert. Ähnliche Programme für MINT-begeisterte Nachwuchsforschende, wie die MINT400 oder Hospitationen von „Jugend forscht“-Preisträger*innen, gab es in den vergangenen Jahren bereits mehrmals am MDC.