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Neue Risikovariante für Neurodermitis identifiziert

Wissenschaftler des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch und der Charité-Universitätsmedizin Berlin haben in Zusammenarbeit mit Forschern des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eine Genvariante auf Chromosom 11 identifiziert, die das Risiko für Neurodermitis erhöht.

In einer großen klinischen Studie untersuchten sie das Erbgut von über 9 600 Teilnehmern aus Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik. „Mit unseren Ergebnissen werfen wir ein neues Licht auf die Entstehung der Krankheit“, sagt Prof. Young-Ae Lee (Charité / MDC). Mit den an der Studie beteiligten Wissenschaftlern hofft die Kinderärztin und Forscherin auf neue Ansatzpunkte für eine gezieltere Therapie dieser chronischen Hauterkrankung (Nature Genetics doi: 10.1038/ng.347)*.

Immer mehr Menschen leiden an Neurodermitis, auch atopische Dermatitis oder endogenes bzw. atopisches Ekzem genannt. Diese entzündliche Hauterkrankung tritt über mehrere Jahre meist schubweise auf und ist mit quälendem Juckreiz verbunden. Neurodermitis gehört neben Heuschnupfen und Asthma zu den häufigsten allergischen Erkrankungen.

In den Industrieländern sind etwa 15 Prozent der Kleinkinder betroffen. In den meisten Fällen tritt die Neurodermitis bereits in den ersten Lebensmonaten auf und für viele betroffene Kinder beginnt damit eine Laufbahn als Allergiker, die in späteren Lebensjahren in Heuschnupfen oder Asthma mündet. Wie es zum Ausbruch der Neurodermitis kommt, ist bislang nicht vollständig geklärt. Fest steht, dass die erbliche Veranlagung eine wesentliche Rolle dabei spielt.

Daher haben die Wissenschaftler unter den über 9 600 Teilnehmern das Erbgut von 3 011 Studienteilnehmern genauer unter die Lupe genommen. Darunter waren Kinder und Erwachsene mit Neurodermitis, Gesunde, sowie ganze Familien, in denen mindestens zwei Geschwister an Neurodermitis erkrankt sind. Die Forscher durchmusterten das gesamte Erbgut, um Veränderungen zu finden, die besonders häufig bei Neurodermitis-Patienten auftreten.

Die Ergebnisse zeigen, dass mehrere Gene an der Entstehung der Neurodermitis beteiligt sind. Besonders häufig trat eine Veränderung auf Chromosom 11 bei Neurodermitis-Patienten auf. In der identifizierten Region liegt ein Gen namens C11orf30, das die Bauanleitung für das Eiweiß EMSY enthält. Die Wissenschaftler vermuten, dass eine Veränderung in diesem Gen zu Neurodermitis führt. Noch ist aber nicht genau bekannt, welche Rolle EMSY bei der Neurodermitis wirklich spielt.

Genveränderung auch bei Morbus Crohn

Dieselbe Variante auf Chromosom 11 tritt auch bei Patienten mit Morbus Crohn, einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, gehäuft auf. Das  deutet auf einen neuen gemeinsamen Krankheitsmechanismus hin, der zu chronischer Entzündung verschiedener Organe führen kann. Die betreffende Gen-Variante ist in der Bevölkerung sehr verbreitet, in Europa sind zirka 36 Prozent aller Menschen Träger dieser Variante. Die MDC- und Charité-Wissenschaftler wollen jetzt die genaue Funktion von EMSY bei der Neurodermitis entschlüsseln.

Darüber hinaus zeigen die Wissenschaftler in dieser Studie, dass weitere, bislang unbekannte Varianten, in solchen Genen, die die Bauanleitung für die äußerste Hautschicht enthalten, zur Entstehung von Neurodermitis beitragen. Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler hoffen, dass ihre Ergebnisse zu einer verbesserten Therapie der Neurodermitis beitragen.

*A common variant on chromosome 11q13 is associated with atopic dermatitis

Jorge Esparza-Gordillo1,2,16, Stephan Weidinger3,4,16, Regina Fölster-Holst5, Anja Bauerfeind2, Franz Ruschendorf2, Giannino Patone2, Klaus Rohde2, Ingo Marenholz1,2, Florian Schulz1,2, Tamara Kerscher1,2, Norbert Hubner2, Ulrich Wahn1, Stefan Schreiber6,7, Andre Franke6, Rainer Vogler7, Simon Heath8, Hansjörg Baurecht4,9, Natalija Novak10, Elke Rodriguez3,4, Thomas Illig11, Min-Ae Lee-Kirsch12, Andrzej Ciechanowicz13, Michael Kurek14, Tereza Piskackova15, Milan Macek15, Young-Ae Lee1,2, Andreas Ruether6

1 Pediatric Pneumology and Immunology, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany

2 Max-Delbrück-Centrum (MDC) for Molecular Medicine, Berlin-Buch, Germany

3 Department of Dermatology and Allergy, Technische Universität München, Munich, Germany

4 Division of Environmental Dermatology and Allergy, Helmholtz Zentrum Munich and ZAUM Center for Allergy and Environment, Technische Universität München, Munich, Germany

5 Clinic for Dermatology, Venerology and Allergology, University Hospital Schleswig-Holstein, Kiel, Germany

6 Institute for Clinical Molecular Biology, Christian-Albrechts-University, Kiel, Germany

7 POPGEN Biobank Project, Christian-Albrechts-University, Kiel, Germany

8 Centre National de Génotypage, Evry, France

9 Institute for Medical Statistics and Epidemiology IMSE, Technische Universität München, Munich, Germany

10 Department of Dermatology and Allergy, University of Bonn, Bonn, Germany

11 Department of Epidemiology, Helmholtz Zentrum Munich-German Research Center for Environmental Health, Neuherberg, Germany

12 Klinik fur Kinder- und Jugendmedizin, Technical University Dresden, Dresden, Germany

13 Dept. Laboratory Diagnostics and Molecular Medicine, Pomeranian Medical University, Szczecin, Poland

14 Department of Clinical Allergology, Pomeranian, Pomeranian Medical University, Szczecin, Poland

15 Department of Biology and Medical Genetics, Charles University Prague - 2. Medical School and Faculty, Hospital Motol, Prague, Czech Republic

16 These authors contributed equally to this work

Corresponding author: Prof. Dr. Young-Ae Lee, Pediatric Pneumology and Immunology, Charite Campus Virchow Klinikum, Augustenburger Platz 1, D-13353 Berlin, Germany

Barbara Bachtler
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