Bioinformatik? Na klar!
Die Hälfte der Studierenden in der Mathematik sind Frauen, in ihrer eigenen Arbeitsgruppe sind die Frauen ebenfalls immer zahlreich vertreten: „Dass wir immer noch über Mädchen und Frauen in der Informatik oder Mathematik reden, als sei das etwas Besonderes, schockiert mich ein bisschen“, sagt Professorin Jana Wolf. Die Systembiologin modelliert mit ihrem Team am Max Delbrück Center zelluläre Prozesse. Einen Einblick in diese Arbeit zu geben – und in die vielen Wege, die in die biomedizinische Forschung führen – ist ihr ein Anliegen. Sie will nicht, dass sich Mädchen wegen unbedachter Kommentare anderer entmutigen lassen, ihre eigenen Interessen zu verfolgen. „Aber ob ihr dann zum Beispiel Physik, Biochemie, Systembiologie, Informatik oder Mathematik studiert, ist nicht so wichtig“, sagt sie, als sie die 17 Mädchen zwischen 13 und 16 Jahren begrüßt, die zum Girls‘ Day ans Max Delbrück Center in Berlin-Buch und Mitte gekommen sind. „Wir brauchen alle diese Perspektiven!“
Wie wichtig dieser Rat ist, weiß Lea Wöllner noch sehr genau. Die Studentin arbeitet in der Arbeitsgruppe Dr. Markus Mittnenzweig an ihrer Masterarbeit im Fach Molekulare Medizin. Die schiere Auswahl der Studienmöglichkeiten habe sie vor dem Abitur verunsichert. Noch mehr brachten sie überraschte Nachfragen aus dem Konzept, als sie sich in der Medizin immer mehr für bioinformatische Ansätze interessierte. „Dabei ist das total cool“, sagt sie.
Coden, um Axolotl Amy zu helfen
Axolotl Amy
Gemeinsam mit den PhD-Studentinnen Aurora Elhazaz Fernandez und Meghan Kane begleitet Lea Wöllner an diesem Tag drei Mädchen zwischen 13 und 15 Jahren für zweieinhalb Stunden auf eine Expedition in die Einzelzellbiologie, die ohne Daten gar nicht vorstellbar ist. Sie haben sich eine Geschichte ausgedacht: Axolotl Amy wird in einem Wettkampf verletzt, ein Arm ist abgetrennt – die Wunde muss heilen und der Arm nachwachsen.
Schritt für Schritt erklären die Forscherinnen, was im Körper geschieht. Die passenden Antikörper sollen Viren und Bakterien abwehren; das Immunsystem darf aber nicht überreagieren. Die erste Programmieraufgabe: die richtige Balance für den Körper finden. Und welche Zelltypen braucht Amy, damit ihr Arm nachwachsen kann? Pia, Marilou und Fatima lernen, die Zellen mithilfe von Markergenen unterschiedlichen Gruppen zuzuordnen und schließlich zu annotieren. Kein Problem für die drei Besucherinnen.
Gastgeberinnen aus sieben Gruppen
Den Girls’ Day am Max Delbrück Center koordinieren die Gleichstellungsbeauftrage Dr. Christiane Nolte und ihre Stellvertreterinnen Dr. Grietje Krabbe und Dr. Ulrike Ohnesorge. Unterstützt werden sie in diesem Jahr nicht nur von den Forscherinnen aus der AG Mittnenzweig, sondern auch aus den Teams von Dr. Fabian Coscia, Professor Dominik Müller, Professor Jan Phillip Junker und Dr. Leif Ludwig sowie von Dr. Inga Patarcic vom Research Data Management und Deborah Schmidt, die die Technologieplattform „Image Data Analysis“ leitet. Jede einzelne Gruppe hat sich interaktive Elemente ausgedacht, die Datenwissenschaftlerinnen erzählen den Mädchen von ihrem Alltag.
Parallel dazu besuchen fünf Jungen beim Boys‘ Day ein Tierhaus auf dem Campus in Buch, lernen aus erster Hand die strengen Hygienevorschriften kennen und erfahren von Tierpfleger Jannis Walter, wie man sich in einem Forschungsinstitut um Mäuse kümmert.
In der AG Mittnenzweig stellt Aurora derweil eine Petrischale mit Zebrafisch-Embryonen unter das Mikroskop. Die befruchteten Eizellen entwickeln sich schnell, selbst innerhalb eines einzigen Tages. „Die bewegen sich ja!“, sagt Pia. Die 14-Jährige geht in die neunte Klasse am Heinrich-Hertz-Gymnasium in Friedrichhain, einer Schule mit Schwerpunkt in Mathematik und Naturwissenschaften. Die Schülerinnen haben Fragen – und Aurora beantwortet alle. „In drei Monaten bin ich wieder da“, sagt Pia schließlich. Nach einem Austausch in Frankreich wird sie ein Praktikum im Labor der AG Junker machen. Die Zebrafische will sie sich dann noch einmal genauer anschauen.