Neu in Berlin: Tumorimmunologe Johannes Huppa
Gemeinsame Pressemitteilung der Charité und des Max Delbrück Center
Was ist körperfremd, was -eigen? Der zentrale Sensor des Immunsystems, der diese Unterscheidung vornimmt, ist der T-Zell-Rezeptor. Professor Johannes Huppa, der vor seinem Wechsel nach Berlin an verschiedenen US-amerikanischen Institutionen und zuletzt an der Medizinischen Universität Wien tätig war, untersucht das Molekül und seine Funktionsweise seit über 25 Jahren. Er hat das Verständnis um die molekularen Vorgänge rund um den Rezeptor insbesondere mithilfe innovativer Mikroskopie-Techniken maßgeblich erweitert. Nun tritt Johannes Huppa die Nachfolge von Professor Thomas Blankenstein an, der das Institut für Immunologie der Charité bis Ende 2020 geleitet hat. Seine Arbeitsgruppe wird in den Räumlichkeiten des Max Delbrück Center in Berlin-Buch angesiedelt sein, wo er eine Anbindung als translationale Gastgruppe haben wird. Seine Arbeiten werden zusätzlich vom DKTK gefördert.
T-Zell-Rezeptoren sitzen wie Fühler auf T-Zellen, die als Teil der erworbenen Immunantwort wie ein Räumkommando ständig durch Blut, Gewebe und Organe patrouillieren. Nehmen die Fühler Bruchstücke, die ihnen andere Zellen präsentieren, als fremd wahr, lösen sie Immunreaktionen aus – die Eindringlinge werden beseitigt. Erkennen die T-Zell-Rezeptoren die präsentierten Bruchstücke stattdessen als körpereigen, bleiben sie still. „Die Unterscheidung zwischen Fremd und Selbst geschieht mit erstaunlicher Präzision und ist außerdem äußerst empfindlich“, erklärt Johannes Huppa. „Eine patrouillierende Zelle kann mit ihren T-Zell-Rezeptoren ein einzelnes fremdes Bruchstück auf der Oberfläche einer infizierten Köperzelle aufspüren, das sich zwischen tausend ziemlich ähnlichen, aber körpereigenen Bruchstücken verbirgt.“
T-Zellen bei der Arbeit zuschauen
Wie wichtig dieser Erkennungsmechanismus für die Gesundheit ist, wird klar, wenn er nicht perfekt oder fehlerhaft arbeitet: Funktioniert die Unterscheidung zwischen Freund und Feind nicht, richtet der Körper sein Immunsystem zum Beispiel versehentlich gegen sich selbst – eine Autoimmunerkrankung wie Multiple Sklerose oder Typ-1-Diabetes entsteht. Oder das Immunsystem erkennt entartete Tumorzellen nicht, die dann zu einer tödlichen Gefahr werden können. Auch zu vermehrten Infektionen kann es kommen.
Johannes Huppa will herausfinden, wie exakt ein T-Zell-Rezeptor an verschiedene Bruchstücke bindet und welche Signale er innerhalb der T-Zelle weitergibt, die dann zwischen Fremd und Selbst entscheiden. Hierfür hat er neue Mikroskopie-Verfahren entwickelt, mit denen er lebenden T-Zellen bei ihrer Arbeit zuschaut. Die Technik macht einzelne Rezeptormoleküle auf der Zelloberfläche, die präsentierten Bruchstücke und auch die zwischen ihnen herrschenden molekularen Bindungen sichtbar. So lassen sich winzigste mechanische Kräfte in Echtzeit messen und die Aktivierungsprozesse innerhalb der T-Zelle beobachten. In Berlin wird er diese Verfahren mit Methoden der synthetischen Biologie und strukturbiologischen Ansätzen kombinieren, um die molekularen Vorgänge der Bruchstück-Erkennung zeitlich und räumlich in höchster Auflösung, das heißt im Millisekunden- und Nanometermaßstab, aufzuklären.
Krebs und Autoimmunerkrankungen behandeln
Der Immunologen will Wege finden, um in die Funktion des T-Zell-Rezeptors einzugreifen. Das soll insbesondere Therapien gegen Krebs effektiver machen. „Wenn wir genau verstehen, wie der T-Zell-Rezeptor seine immunologische Meisterleistung bewerkstelligt, können wir das Potenzial neuartiger Immuntherapien wie der CAR-T- und TCR-T-Zelltherapie noch besser ausschöpfen“, erklärt der neue Institutsdirektor. Er möchte das Wissen außerdem nutzen, um die Entwicklung neuer Impfstoffe gegen Krebs voranzutreiben und schädliche T-Zellen bei Autoimmunerkrankungen oder Abstoßungsreaktionen nach einer Organtransplantation auszuschalten.
„Dafür ist die Zusammenarbeit mit den klinisch arbeitenden Kolleginnen und Kollegen an der Charité essenziell“, betont Johannes Huppa. „Auch die unmittelbare Nachbarschaft zu den Expertinnen und Experten der Strukturbiologie und Tumorimmunologie am Max Delbrück Center sowie die hervorragende technologische Infrastruktur auf dem Campus Berlin-Buch werden entscheidend dafür sein, diese Ziele zu erreichen. Der Standort Berlin ist für seine Stärke, Vielseitigkeit und gelebte Kollegialität in der Grundlagen- und klinischen Forschung über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt. Ich freue mich sehr, nun Teil dieses großartigen Netzwerks zu sein.“
Kurzvita
Johannes Huppa (*12. Mai 1967 in Thuine, Emslandkeis) studierte Biochemie an der Freien Universität Berlin und erforschte T-Zell-Rezeptoren bereits in seiner Diplomarbeit am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA. Diese Studien führte er im Rahmen seiner Doktorarbeit am MIT und der Harvard Medical School fort, 1998 wurde er dafür an der Vrije Universiteit Amsterdam promoviert. Zunächst als Postdoktorand, dann als Basic Science Research Associate forschte er an der Standford University School of Medicine in der San Francisco Bay Area, bevor er 2012 auf eine Assistenzprofessur an die Medizinische Universität Wien berufen wurde. Ab 2015 leitete er dort als Assoziierter Professor die Arbeitsgruppe Immunerkennung am Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie.
Text: Charité
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Professor Johannes Huppa.
Foto: Sebastian Tromm, Charité
Kontakt
Prof. Johannes Huppa
Direktor des Instituts für Immunologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
+49 30 450 570 400
johannes.huppa@charite.de
- Max Delbrück Center
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Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (Max Delbrück Center) gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. Nobelpreisträger Max Delbrück, geboren in Berlin, war ein Begründer der Molekularbiologie. An den Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 70 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organ-übergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das Max Delbrück Center fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am Max Delbrück Center arbeiten 1800 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete Max Delbrück Center zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.